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Gaddafis Tage scheinen gezählt. Am 20.10. 2011 vermeldet der Übergangsrat, dass der Ex-Diktator in Sirte aufgespürt und tödlich verwundet wurde. Fast 42 Jahre prägte der jüngste Sohn einer Bauernfamilie aus der Wüstenregion Sirte die Politik des Nahen Ostens. Vom Putschisten zum Terroristen zum gern gesehenen Staatschef zum Diktator: die Entwicklung Muammar al Gaddafis bleibt wechselhaft bis zum Ende.

Foto: apa/Tolga Bozoglu

König Idris I. (er regierte von 1951 bis 1969) von Libyen war der erste und bislang einzige König des nordafrikanischen Landes. Als das libysche Militär am 1. September 1969 gegen den Monarchen putscht, ist nicht absehbar, dass der bis dato unbekannte Hauptmann Muammar al Gaddafi die Geschicke des Lands über vier Jahrzehnte führen wird.

Foto: Wikimedia commons / Al Iza'a Magazine, Libyan Broadcasting, Libyan Information Ministry

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Während sich in den Nachbarländern Republiken durchsetzen, gründet Gaddafi seine eigene Staatsform: die „Sozialistische Libysch-Arabische Volks-Dschamahirija", ein Massenstaat, der sich theoretisch durch Elemente direkter Demokratie wie etwa regionale Volkskomitees auszeichnen soll. Diese Komitees sollen - so der ursprüngliche Plan - Ministerien völlig ersetzen und die Funktion staatlicher Willensbildung übernehmen. Auch für ein Staatsoberhaupt ist in der „Dschamahirija" theoretisch kein Platz. Gaddafi selbst ist weder Präsident noch Regierungschef, er lässt sich „Revolutionsführer" oder „Bruder Muammar" nennen und leitet den Allgemeinen Volkskongress, das oberste Staatsorgan.

Foto: apa

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Die eigenwillige Bündnispolitik des exzentrischen Machthabers bringt ihm kaum Freunde ein. Nachdem Gaddafi (hier auf einem Foto von 1983) erkennen muss, dass sich eine arabische Einheit unter seiner Führung nicht umsetzten lässt, versucht es Gaddafi mit Kooperationen mit afrikanischen Staaten. Dieser Schwenk ist nicht von Erfolg gekrönt, denn die neuen Bündnispartner erwarten primär Hilfe finanzieller Natur. Gaddafi unterstützt zudem eine Reihe von Befreiungsbewegungen, wie etwa nordirische Republikaner, baskische Nationalisten oder auch palästinensische Extremisten, was dazu führt, dass Libyen vom Ausland immer stärker ausgegrenzt wird.

Foto: ap/ Langevin

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Dem Anschlag auf die Berliner Diskothek „La Belle" im April 1986 folgen Bombardements der USA auf Gaddafis Hauptquartier in Tripolis. Der libysche Machthaber hatte den Terroranschlag auf das bei US-Soldaten beliebte Lokal in Auftrag gegeben, um sich für die Zerstörung von libyschen Kriegsschiffen durch die USA zu rächen.

Foto: ap/ Elke Bruhn-Hoffmann

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Innerstaatlich baut Gaddafi an einem Modell eines Wohlfahrtsstaates. Er schafft billigen Wohnraum für die Bevölkerung, baut ein kostenfreies Gesundheitssystem auf und sorgt für billige Lebensmittel. Gaddafi selbst zieht es jedoch bis heute vor, traditionell zu leben. Am liebsten schläft er in seinem Beduinenzelt, auf das er auch bei Staatsbesuchen nicht verzichten möchte.

Foto: Reuters/ STR

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Auch das Lockerbie-Attentat wird Gaddafi zugeschrieben. Im Dezember 1988 stürzt eine US-Boeing über der schottischen Stadt Lockerbie ab. Mehr als 270 Menschen sterben. Als Reaktion auf die Unberechenbarkeit Gaddafis beschließen die Vereinten Nationen Sanktionen gegen das Regime. Gaddafi sieht sich zunehmend isoliert.

Foto: Reuters/ Greg Bos

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Die Wirtschaftssanktionen der Uno zeigen Wirkung. Gaddafi (im Bild mit dem ehemaligen ägyptischen Präsidenten Hosni Mubarak) vollführt in den späten Neunzigern erneut einen Schwenk und versucht sich nun mit dem Westen zu arrangieren. Er schwört dem Terrorismus ab, stoppt ein angebliches Atomprogramm Libyens und kooperiert mit westlichen Geheimdiensten. Gaddafi überlässt den USA nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 Geheimdienstinformationen möglicher Drahtzieher, und liefert zwei Terroristen des Lockerbie-Attentats von 1988 an Großbritannien aus.

Foto: Reuters/Aladin Abdel Naby

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Die Bemühungen des libyschen Machthabers zeigen Wirkung. Die Sanktionen werden beendet, Gaddafi (hier mit Nelson Mandela bei einem Staatsbesuch in Südafrika im Jahr 1997) wird vom isolierten Terroristen zum gern gesehenen Staatsmann.

Foto: Reuters/Juda Ngwenya

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Der selbsternannte Revolutionsführer Muammar al Gaddafi im Jahr 1999 bei einer Militärparade anlässlich des 30Jahr-Jubiläums der Revolution. Der libysche Machthaber hält an seinem Amt fest.

Foto: Reuters/ STR

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Mit dem Alter wird Gaddafi jedoch immer exzentrischer. So etwa bei der UN-Vollversammlung im September 2009 in New York, als der libysche Diktator statt der geplanten 15 Minuten gut eineinhalb Stunden referiert, und die Uno des Terrorismus bezichtigt. Die Besetzung des Sicherheitsrats mit atomaren Vetomächten laufe der Charta zuwider, wettert er - und reißt demonstrativ mehrere Seiten der UN-Bibel ein. "Er sollte nicht Sicherheitsrat heißen. Er sollte Terrorrat heißen."

 

Foto: Reuters/ Ray Stubblebine

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Mit Beginn der Proteste im Februar 2011 und dem gewalttätigen Vorgehen des Militärs gegen die Demonstranten wenden sich immer mehr Staatschefs von Gaddafi (hier auf der Eröffnungsveranstaltung des Gipfels der Afrikanischen Union im Februar 2009) ab. Aus dem Staatsmann wird ein Diktator, die internationale Gemeinschaft will oder kann nicht mehr länger über die Menschenrechtverletzungen in Libyen hinwegsehen. Wie lang sich Gaddafi noch an der Macht halten wird können, bleibt weiterhin offen. Laut Experten kann es sich um Tage aber auch noch Wochen handeln. (elin, derstandard.at, 23.8.2011)   

Foto: Reuters/ Antony Njuguna