Etliche Analys(t)en, noch mehr Meinungen
Hintergrund für derart Tiefsinniges im Zusammenhang mit dem aktuellen Börsengeschehen bildet die von einer Mehrheit an Finanz-Analysten erwartete und längst geforderte Zinssenkung der Europäischen Zentralbank (EZB). Sollte die EZB einen kräftigen Zinsschritt scheuen, würde dies insbesondere den Deutschen Aktienindex (Dax) belasten, meinen etliche Börsianer, und argumentieren, daß nur über die „Verbilligung“ des Geldes eine Ankurbelung der zur Zeit lahmen Wirtschaft und damit auch der Börsen möglich erscheint.
Andere Börsen-Experten wiederum dient gerade ein allgemein als nicht kräftig eingestufter Zinsschnitt von 25 Basispunkten oder gar ein gleichbleibendes Zinsniveau als Hinweis dafür, daß eine Senkung des Zinsniveaus gar nicht (mehr) so notwendig ist, falls und weil es so wie zuletzt in den Vereinigten Staaten zarte Anzeichen einer wirtschaftlichen Erholung gibt. Dementsprechend geben sie die jüngsten Erholungstendenzen an den Börsen nur dann eine Chance zur Fortsetzung, wenn es durch die EZB zu einem Ausbleiben jeglichen Drehens an der Zinsschraube kommt.
Und zu guter letzt interpretieren etliche Marktbeobachter die jüngste Aufwärtsbewegung an den Börsen als eine bereits vorweg genommene Reaktion auf die zu erwartenden markanten Zinsschritte (= -schnitte) sowohl der EZB wie auch des FED, der amerikanischen Notenbank, mit dementsprechend kursdämpfender Wirkung, sollte es nicht respektive so dazu kommen.
The trend is your friend
Ein Börsenzyklus umfasst meist zehn bis zwanzig Jahre. Das letzte dieser „Investment Regimes“ endete 2000, als die beispiellose Technologieeuphorie ihr Ende fand und die 1982 begonnene Marathonhausse auslief. In diesen rund achtzehn Jahren wurde mit fast jeder Anlageklasse (Aktien, Obligationen, Immobilien) Geld verdient, mit Ausnahme von Gold und auch anderen Rohstoffen. Es war das Zeitalter des passiven Indexinvestierens, in dem sogenannte Stock Pickers, also jene Investoren, die selektiv mit einzelnen Aktien versuchten, eine zufriedenstellende und damit zumeist überdurchschnittliche Rendite zu erwirtschaften einen schweren Stand hatten. Nahezu sämtliche Fonds-Manager wie auch Privatinvestoren scheiterten in dieser Zeit an ihrer jeweiligen Benchmark, also Meßlatte, während gleichzeitig im Zuge der einzigartigen Hausse die Indizes auf nicht für möglich gehaltene Niveaus galoppierten, mit gleichlautender Bewegung in den Bewertungskriterien (exorbitant hohe Kurs/Gewinn-Verhältnisse, vernachlässigbare Dividendenrenditen).
Was für die eine Richtung gilt, funktioniert selbst an den Börsen auch bei der Rolle rückwärts. Wie selbst Fatalisten schon hinlänglich bekannt, zeigen seit April 2000 die Richtungspfeiler an den Börsen stetig nach unten. Zwar kam es immer wieder zu teils kräftigen Erholungs- und Gegenbewegungen, wie etwa nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001, oder wie zuletzt im Soge der raschen und aus Alliiertensicht befriedigenden Beendigung des Irak-Konflikts. Doch niemand traut dem aktuellen (Börsen)Frieden so recht, nachdem die fundamentalen Rahmenbedingungen nach wie vor und überwiegend alles andere als einladend wirken.
Bestimmen Sie das Handeln!
Egal welche Analys(t)en auch recht behalten im Zusammenhang mit dem bevorstehenden Zinsentscheid durch die EZB und angesichts der in Summe eher ernüchternder Aussichten werden folgende Thesen in den virtuellen Raum gestellt:
- Es wird weiterhin noch Jahre dauern, bis ein Gesamtmarkt wieder eine überdurchschnittliche Rendite abwerfen wird;
- auch und gerade im Zeitalter von abwärts- respektive seitwärts gerichteter Börsen gibt es an den Finanzmärkten gutes Geld zu verdienen;
- Eine passive, an der Indexentwicklung orientierte Anlagestrategie wird erfolglos sein.
Nachlese