Wien/Graz - Die im Jänner aus Sicherheitsgründen von der Europäischen Weltraumorganisation ESA kurzfristig gestoppte Kometenmission Rosetta hat ein neues Ziel. Angeflogen wird nicht Komet Wirtanen, sondern "67P/Churyumov-Gerasimenko", erklärte Wolfgang Baumjohann, Leiter des Instituts für Weltraumforschung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) und Mitglied des ESA-Wissenschaftskomitees. Das neue Missionsziel war schon bald nach dem Scheitern der ursprünglichen Pläne genannt worden und wurde nun nach eingehender Prüfung vom obersten wissenschaftlichen Rat der ESA beschlossen.

Umplanungen

Nach den ursprünglichen Planungen der ESA sollte Rosetta bis spätestens 31. Jänner vom europäischen Weltraumbahnhof in Kourou in Französisch-Guyana gestartet werden und hätte 2011 den Kometen Wirtanen erreicht. Das Vorhaben musste allerdings nach dam Absturz der Ariane-5 Rakete im Dezember des Vorjahres aus Sicherheitsgründen abgeblasen werden, man wollte erst die Ursache für den missglückten Start herausfinden. So wurde die Sonde vorläufig eingemottet und nach neuen Möglichkeiten gefahndet.

Zwei Varianten kamen in die engere Auswahl. So war ein mögliches neues Ziel das alte, nämlich Wirtanen. Rosetta hätte dafür mit einer gegenüber der Ariane-5 schubstärkeren, russischen Proton-Rakete in Richtung des ursprünglichen Ziels Wirtanen abgefeuert werden. Dazu hätte aber die Sonde mit allem Drum und Dran von Kourou nach Kasachstan zum russischen Raumbahnhof transportiert werden müssen. Allerdings müsste dazu einiges umgebaut werden. Auch die Proton-Rakete hätte umgebaut werden müssen, das Trägerschiff ist nicht für Lasten wie Rosetta ausgelegt.

Höhere Anziehungskraft als Gefahrenquelle

So entschieden sich die ESA-Wissenschafter für die Alternative Churyumov-Gerasimenko - im Fachjargon hat sich mittlerweile der Spitzname "Chury" eingebürgert. Für die Reise zu Chury wird dagegen, wie geplant, Ariane-5 eingesetzt.

Bedenken haben die Wissenschafter und Ingenieure wegen der Tatsache, dass Chury mit einem Kerndurchmesser von rund fünf Kilometern Durchmesser deutlich größer ist als Wirtanen. Er besitzt damit auch eine dementsprechend höhere Anziehungskraft und die relativ schwachen Beine des Rosetta-Landers könnten beim Aufsetzen auf den Kometen brechen. Allerdings seien das gegenüber der Proton/Wirtanen-Variante die geringeren Probleme, so Baumjohann.

Geplanter Ablauf

Die Mission Rosetta ist so ausgelegt, dass eine Sonde den ausgewählten Kometen umrundet, gleichzeitig soll ein Lander auf dem Kometenkern aufsetzen und genauere Untersuchungen der Zusammensetzung anstellen. Kometen sind nicht zuletzt deswegen für die Astronomen so interessant, weil sie - so die gängigen Theorien - aus jener Urmaterie bestehen, aus der sich auch unser Sonnensystem formte.

Österreichische Wissenschafter und Techniker sind an mehreren Experimenten an Bord von Rosetta beteiligt. MIDAS ist eine Art Mikroskop, mit dem Staubteilchen des Kometer auf Nanometer (millionstel Millimeter) genau untersucht werden. Auch an COSIMA sind heimische Forscher beteiligt, dabei wird mit Hilfe eines Massenspektrometers die chemische Zusammensetzung des Kometen ergründet. Die Firma Austrian Aerospace lieferte Steuer- und Messelektronik sowie thermische Isolatoren für Rosetta. (APA)