Foto: Vertu

Satinierter Stahl und weiches schwarzes Leder an den Verkaufstischen, lackglänzende Paneele an den Wänden, in Glasvitrinen wie Geschmeide präsentierte Mobiltelefone, ein Mitarbeiter in schwarzem Anzug wischt bemüht zärtlich mit weichem Tuch störende Staubkörnchen und Fingertapser ringsum von den Oberflächen.

70 Stores

Willkommen in der Mailänder Boutique des Handyherstellers Vertu, eine von 70 ihrer Art in 66 Ländern. Das exklusive Ambiente soll eine ebensolche Klientel ansprechen. Wer sich hier ein Mobiltelefon zulegen will, fragt nicht nach den (ebenfalls noblen) Preisen. Sondern kauft sich ein weiteres Stück Zugehörigkeit für die Welt des Luxus.

Vertu-Kunden war es daher auch bis dato kein Problem, dass der mondäne Ableger der finnischen Nokia erst jetzt sein erstes Smartphone mit Touchscreen aus der Taufe hob. Sie stört es auch nicht, dass es mit Symbian läuft, dem Betriebssystem, das Nokia selbst zugunsten Windows Phone 7 voraussichtlich nur noch bis 2015 unterstützen wird.

"Was ist schon eine Plattform"

"Was ist schon eine Plattform", sagt Vertu-CEO Pieter Oosting im STANDARD -Gespräch. "Wir wollten nicht einfach auf einen Trend aufspringen, sondern loyal zu den Ansprüchen unserer Kunden sein." Und diese stehen auf edle Materialien wie polierten oder satinierten Chirurgenstahl und halten ein 3,5 Zoll-Touchdisplay aus Saphirkristall für ebenso selbstverständlich wie eine Hörmuschel aus polierter Keramik. "Symbian ist eine sichere Lösung, wir sind damit bisher gut gefahren", fügt Oosting noch hinzu.

Die "billigste" Version des Constellation genannten Smartphones mit in satinbraunem Leder bezogener Rückseite gibt es ab 4400 Euro. Wem rot-goldener Metallmix mehr zusagt, legt 10.900 Euro auf den eleganten Verkaufstisch. Reiche Menschen haben andere Bedürfnisse - also brauchen sie auch andere Apps. "Unsere Innovation ist es, den Leuten das Leben einfacher zu machen", sagt Vertu-Chef Oosting. Zum Beispiel mit dem Concierge-Service, der nun auch mit einer simplen Berührung aufgerufen werden kann.

"Was möglich und legal ist"

Die dienenden Vertu-Geister erledigen auf Telefon- oder Mailanfrage alles "was möglich und legal ist". Zum Beispiel organisieren sie den Dogwalker für New-York-Aufenthalte oder recherchieren, wo ein arabischer Kunde in Singapur sich den Bart traditionell scheren lassen kann. Mit der Sommelier-App kann man herausfinden, welcher Wein stil- und geschmackssicher zu welchem Essen passt. Oder der "Bodyguard" im Handy, mit sich der Nutzer mit Experten über alle Fragen seiner Sicherheit austauschen kann. Alles ganz diskret natürlich.

Diskret ist Vertu auch in Fragen von Umsatz und Gewinn. Nur so viel verrät CEO Oosting: "Das Geschäft läuft sehr, sehr gut." Dafür überraschte die strauchelnde Mutter Nokia am Donnerstag mit einem leichten operativen Gewinn seiner Handysparte, was die Verluste der Netzwerksparte zum Teil wettmachte. Unterm Strich blieb ein Minus von 68 Mio. Euro. (Karin Tzschentke aus Mailand/ DER STANDARD Printausgabe, 21. Oktober 2011)