Einen Gewaltverzicht hatte die baskische Untergrundorganisation Eta schon öfter verkündet - und dann doch nicht eingehalten. Nun gelobt sie, dem Terror "definitiv" abzuschwören. Natürlich handelt es sich nicht um einen Gesinnungs-, sondern um einen wohlkalkulierten Strategiewandel zur Erreichung derselben Ziele: Entscheidend war, dass das baskische Wahlbündnis Bildu bei den spanischen Kommunal- und Regionalwahlen im Mai überraschend antreten durfte und prompt 25 Prozent der Stimmen einfuhr. Batasuna und andere politische Tarn-Organisationen der Eta waren bisher stets verboten worden.

Die nach hunderten Festnahmen personell und auch in der Volksmeinung geschwächte Eta wittert nun Morgenluft - auch für die Parlamentswahl am 20. November: Der Gewaltverzicht könnte sich als schlauer Schachzug erweisen, um Bildu in eine Machtposition zu manövrieren.

Umfragen zufolge würden die oppositionellen Konservativen siegen; sie waren aber stets beinharte Gegner der Eta. Sollten hingegen die Sozialisten von Alfredo Pérez Rubalcaba ihren überraschenden Höhenflug fortsetzen können und sollte Bildu eine ähnliche Performance wie auf Kommunalebene hinlegen, könnte das sozialistische Wahlbündnis aus dem Baskenland tatsächlich zum machtpolitischen Zünglein an der Waage werden, noch dazu auf nationaler Ebene. Andernfalls könnte die Eta ebenso schnell wieder zur Gewalt greifen, wie sie ihr abgeschworen hat. (DER STANDARD, Printausgabe, 22.10.2011)