Wien - Warum sollte sich jemand für Pressefreiheit interessieren, wenn er oder sie nicht Journalist ist? Die Frage stellte Klaus Unterberger vom ORF-Zentrum für Public Value seinen Gästen Donnerstag im Studio 3 des Wiener Funkhauses: "Die Freiheiten, die wir in Westeuropa für selbstverständlich halten, sind in Gefahr, wenn Pressefreiheit bedroht ist", antwortete Anthony Mills von der Pressefreiheitsorganisation IPI.

Aktuelle Entwicklungen in Europa belegen, dass Meinungsfreiheit ein ebenso kostbares wie zerbrechliches Gut ist. Das zeigt sich vor allem beim ungarischen Mediengesetz: Um vergleichbar restriktive Regelungen zu finden, müsse man "bis nach China gehen", sagte Steve Hewlett, Gastgeber des BBC-Magazins The Media Show. Nicola Frank von der European Broadcasting Union kritisierte mangelnden Quellenschutz und die Zusammenlegung von Nachrichtenagentur und dem von der Regierung bestimmten öffentlich-rechtlichen Rundfunk.

"Im Moment ist die Situation ruhig", sagte der ungarische Medienrechtsexperte Márton Nehéz-Posony. Sorge bestehe dennoch, aufgrund "der Möglichkeiten, die die Regierung zum Eingriff hat".

Verfolgte Journalisten

Um die Beschädigung der Pressefreiheit fürchten die Diskutanten nicht nur in Ungarn: Die Abhöraffäre führe in Großbritannien zu einer Vertrauenskrise in Medien. In Portugal stehe das öffentlich-rechtliche Fernsehen vor der Privatisierung, Frankreich werde ebenfalls von einem Abhörskandal erschüttert, große Defizite gebe es in Russland, Weißrussland, Bosnien, Kosovo und Mazedonien. "In der Türkei sitzen dutzende Journalisten wegen der Ausübung ihres Berufs im Gefängnis", sagte Mills. In Bulgarien, Griechenland und Irland habe es Anschläge auf Leib und Leben von Journalisten gegeben.

Und Österreich? Wie ist mit Begehrlichkeiten von Parteien umzugehen? Medien müssten versuchen, klarzumachen, für welche Werte sie letztlich stehen, sagte Frank: "Das ist ein permanenter Kampf". (prie, DER STANDARD; Printausgabe, 22./23.10.2011)