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Harry Belafonte: "Der Feind schläft nie"

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Wien - Mit kurzen Gesangseinlagen, Anekdoten aus seiner Zeit an der New Yorker Schauspielschule und politischen Kommentaren hat sich Harry Belafonte am Samstag der Presse in Wien präsentiert. Der Stargast der diesjährigen Viennale, dem beim Festival ein Tribute mit seinen Filmen und einem aktuellen Dokumentarfilm über sein Leben gewidmet ist, meinte, dass er sich eigentlich mehr als Schauspieler sehe denn als Sänger. "Ich bin sogar einer der besten Schauspieler der Welt", schmunzelte der 84-Jährige, "denn ich habe die Welt überzeugt, dass ich ein guter Sänger bin." Am Abend wohnt Belafonte einer Gala zu seinen Ehren bei.

Mit Österreich verbindet der Amerikaner, der mit Liedern wie dem "Banana Boat Song" und Filmen wie Otto Premingers "Carmen Jones" weltweite Berühmtheit erlangte, zahlreiche Erinnerungen: "Ich war in Linz, in Graz, und es gibt wenig, was ich in Wien noch nicht gemacht habe", so Belafonte. Da er derzeit erfreulicherweise viele Angebote für Dokumentarfilme bekomme ("die jungen Menschen heute wissen nur mehr wenig über meine Generation, über die Geschichte"), bestehe auch die Hoffnung, sich möglicherweise auch in kommenden Jahren wieder mit einem Film bei der Viennale präsentieren zu können.

Vom Künstler zum Aktivisten

"Ich werde gerne gefragt, wann ich vom Künstler zum Aktivisten wurde", erzählte der Bürgerrechtler und UNICEF-Botschafter, "aber die Frage müsste eigentlich lauten, wann ich als Aktivist zum Künstler wurde." Mit all den großartigen Künstlern wie seinem Lehrer Erwin Piscator oder seinem damaligen Co-Studenten Marlon Brando habe er gemerkt, dass die Kunst den Unterschied ausmachen könne. "So viele Leute, die deine Lieder singen - das ist eine sehr mächtige Plattform", so Belafonte, dem gesagt worden sei: "Wenn du es schaffst, dass sie deine Lieder singen, wirst du sie auch dazu bringen, dass sie dich verstehen."

Angesprochen auf sein politisches Engagement und seine Kritik am früheren US-Präsidenten George W. Bush meinte Belafonte, dass er nicht nur dessen Regierung kritisiert habe. "Ich habe auch Clinton kritisiert, Carter kritisiert, Eisenhower kritisiert - und ich habe auch begonnen, Barack Obama zu kritisieren. Und ich tue das nicht um der Kritik willen, sondern weil ich der Meinung bin, dass es die Pflicht eines Bürgers ist, die Führung seines Landes immer wieder anzustoßen."

Zweite Obama-Amtszeit erwünscht

Obama habe Amerika viel Hoffnung gegeben, aber nun sei man beunruhigt, dass der Präsident seine Aufmerksamkeit vor allem der Mittelschicht widme. "Er spricht nie von der Arbeiterklasse oder von den Armen." Dennoch wünscht er Obama eine zweite Amtszeit, "denn wenn man sich die Alternativen ansieht, wünscht man sich fast Bush zurück." In Sachen Rassismus habe sich im vergangenen Jahrhundert dagegen - nicht zuletzt durch Menschen wie Martin Luther King - viel getan, so Belafonte, aber auch hier müsse man ständig wachsam sein: "Der Feind schläft nie."

Am Abend wird im Wiener Gartenbaukino Susanne Rostocks Dokumentarfilm "Sing Your Song" über die künstlerische Karriere und das politische Engagement von Belafonte gezeigt. Mit etwas Glück werden die Zuseher dort ebenso wie bei der Pressekonferenz vereinzelte Kostproben von "There's a Hole in my Pocket" bis zu "Day-O" zu hören bekommen. (APA)