Cover-Stategie der "NYT", exemplarisch für seriöse US-Blätter.

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Französisches Bemühen um Zurückhaltung, ...

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... britische Deutlichkeit: Londoner Qualitätszeitungen (einschließlich des "Guardian") bevorzugten großflächige Nähe zur umstrittenen Foto-Realität.

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Zwischen kreativer Ironie ("taz", "Welt") und Verweigerung: Neben "Süddeutscher" und "FAZ" verzichteten auch die deutschen Regionalblätter nahezu geschlossen auf die Video-Bilder.

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Hat der STANDARD, indem er das Bild des toten Diktators auf der Titelseite brachte, gegen Grundsätze des Qualitätsjournalismus verstoßen? Ein Querschnitt durch Antworten anderer Medien auf die Frage, ob man das Bild des Ex-Diktators auf die Titelseite heben soll.

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Aus einem Kommentar von Südwestfunk-Medienredakteur Josef Karcher:

Der Tod eines Diktators ist ein welthistorisches Ereignis. Dieses mit einem authentischen Bild zu dokumentieren, ist gerechtfertigt. Ein Foto des toten Gaddafi wird damit zum Beweismittel für die Öffentlichkeit: So ist er gestorben, er wollte es so, so enden Gewaltherrscher. Keine Frage, die Bilder sind schrecklich, aber: Sie beschönigen nichts. Sie geben die Realität wieder und nichts anderes als die Realität. Damit sind sie eine ebenso wichtige wie wahre Information. Sie spiegeln die Grausamkeit des Krieges gegen die eigene Bevölkerung.

Gaddafi war eine absolute Person der Zeitgeschichte - das heißt: Sein Leben, sein Sterben, sein Tod sind begleitet von einem großen öffentliche Interesse. Das unterscheidet ihn von Privatpersonen, die zum Beispiel Opfer eines Verbrechens oder eines Unglücks geworden sind. So angemessen es also ist, ein Bild des toten Diktators zu veröffentlichen, so unangebracht, ja verwerflich ist es, Fotos von Opfern des norwegischen Massenmörders Breivik abzudrucken. Hier hat der Opferschutz Vorrang vor der Informationsfreiheit. Bei Gaddafi ist es umgekehrt.

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Jan Ludwig begründet in der "FAZ" die Bild-Verweigerung seiner Redaktion u. a. so:

Fotografen und Kameraleute bannen etwas auf Film - und wir schauen gebannt zu. Doch wäre zu wünschen, dass wenigstens die Medien über die Macht der Bilder erhaben sind. Am Tag der Tötung Muammar al-Gaddafis waren das einige nicht. Nicht nur die Kämpfer des libyschen Übergangsrats in Sirte haben Freudentänze aufgeführt, einige Medien und Journalisten haben sich ohne Zögern eingereiht. Sie geben ein fatales Bild ab.

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Bernhard Graff argumentiert in der "SZ":

Die Bilder des toten Gaddafi sind schockierend und selber verletzend. Dagegen hilft auch nicht das Warnschild auf manchen Nachrichten-Webseiten, das vor die dort veröffentlichten Bilder des toten Gaddafi geschaltet wird. Das Argument lautet zusammengefasst also: Wir leben zuerst in ikonographischen, nicht mehr primär in intellektuellen Zeiten. Was da also bedient wird, ist nicht Aufklärung, sondern Archaik. (DER STANDARD-Printausgabe, 24.10.2011)