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Wer zahlt wie viel für die Stabilisierung der Eurozone? Deutschlands Angela Merkel und Frankreichs Nicolas Sarkozy in Brüssel.

Foto: EPA/Doppagne

Brüssel - Man sei "ein gutes Stück vorangekommen", sagte EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy am Sonntag in einer Zwischenpause des EU-Jumbogipfel der Staats- und Regierungschefs in Brüssel. Dies gelte sowohl bei der koordinierten Regelung für eine Rekapitalisierung von Banken wie auch bei der Hilfe für Griechenland. Allerdings sollen Details erst am kommenden Mittwoch festgezurrt werden.

An diesem Tag werden nicht nur die Staats- und Regierungschefs der Eurozone neuerlich in der EU-Hauptstadt zusammenkommen, sondern zuvor auch wieder die EU-Finanzminister. Die hatten bereits von Freitagmittag bis Samstag die Entscheidungen für ihre Chefs vorbereitet.

Ein reichlich chaotisches Abarbeiten der Tagesorndung, ständig wechselnde Terminankündigungen, das waren die äußerlichen Kennzeichen eines Treffens, wie es das in der Geschichte der Union so wohl noch nie gegeben hat.

Die deutsche Kanzlerin AngelaMerkel und Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy traten Abend gemeinsam vor die Kameras, um beruhigende Botschaften auszusenden: "Es ist absolut wesentlich, dass Deutschland und Frankreich mit einer Stimme sprechen", sagte Sarkozy.

Van Rompuy erklärte, angesichts der Notwendigkeit einer verstärkten wirtschaftlichen Konvergenz im Eurogebiet und einer Vertiefung der Wirtschaftsunion "sollten wir auch die Möglichkeiten begrenzter Vertragsänderungen sondieren".

Dass die Regierungschefs noch kein Gesamtpaket vereinbaren konnten, liegt nicht zuletzt an den unterschiedlichen Positionen beim Rettungsfonds. Der soll ja zusätzliche "Feuerkraft" erhalten, wie das EU-Politiker so schön zu sagen pflegen. Weil seine Mittel im Volumen von 440 Milliarden in einer etwaigen Schieflage Spaniens oder Italiens nicht reichen dürften, soll die European Financial Stability Facility (EFSF) zusätzliche Investitionen ankurbeln. Dabei streiten Paris und Berlin darüber, ob der Fonds als Bank operieren und somit Kredite von der Europäischen Zentralbank beziehen darf.

Wie Merkel klarstellte, ist diese Version vom Tisch. Sarkozy betonte, auch Frankreich achte die Unabhängigkeit der Zentralbank. Jetzt liegen noch zwei Versionen am Tisch, die auch in Kombination zur Anwendung gelangegn können. Die erste sieht vor, dass der Rettungsschirm künftig Anleihen von Schuldenländern versichert. Der Schirm könnte Investoren demnach anbieten im Falle einer Pleite Spaniens oder Italiens bis zu 20 Prozent der Ausfälle zu übernehmen. Dadurch, so die Hoffnung, wären Investoren bereit, Kredite zu moderateren Zinsen zu vergeben.

Der Nachteil dieses Vorschlages ist, dass bei Staatsanleihen eine Zwei-Klassengesellschaft entstehen würde. Die Anleihen, die nicht versichert sind, würden wohl stark an Wert verlieren. Variante zwei sieht vor, dass der Rettungsschirm gemeinsam mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) und möglicherweise Investoren wie Brasilien und China eine Zweckgesellschaft (Special Purpose Vehicle - SPV) gründet. Die Zweckgesellschaft würde dazu dienen, Anleihen von Problemländern am Markt zu kaufen. Der Anreiz für Investoren wäre, dass der Euro-Hilfsfonds sich bereit erklären würde, Verluste bis zu einer bestimmten Höhe abzudecken. Ob sich wirklich private und staatliche Interessenten dafür finden, der Zweckgesellschaft ihr Geld anzuvertrauen, ist aber offen. (Thomas Mayer, DER STANDARD; Print-Ausgabe, 24.10.2011)