Grafik: Standard

Eigentlich sollte die Stärkung der Eigenkapitalbasis der Banken die Eurozone stärken. Doch mancherorts wird das Gegenteil befürchtet: Anstatt zu eine größeren Polster der Geldhäuser käme es nach dieser Lesart zu einem Abbau des Geschäfts. In anderen Worten: zu einer Kreditklemme, die den sich abzeichnenden Konjunkturabschwung verschärfen könnte.

Was auf den ersten Blick wie ein Widerspruch klingt, hat nach tieferer Analyse eine klare Logik. Beim harten Kernkapital handelt es sich immer um eine Quote: Diese soll - gemessen an den risikogewichteten Werten der Banken - auf neun Prozent steigen, wofür die Euro-Spitzen in etwa 100 Milliarden Euro veranschlagen. Da Quoten eine Relation darstellen, kann diese von zwei Seiten beeinflusst werden. Anstatt den Zähler (das Kapital) zu erhöhen, bleibt als zweites Mittel die Kürzung des Nenners (der Aktiva).

Die Aktiva bestehen bei Banken, vereinfacht gesprochen, aus Krediten, Beteiligungen und Finanzvermögen. Die letzten beiden Positionen finden derzeit kaum Käufer, zudem sprechen die schlechten Kurse und Märkte dagegen. Bleibt eine Reduktion der Kreditvergabe, wie sie beispielsweise Citigroup in einer Analyse bereits beobachtet. In einer Umfrage gaben 16 Prozent der befragten Bankmanager an, ihre Ausleihekonditionen im dritten Quartal verschärft zu haben. Von April bis Juni waren es noch fünf Prozent. 17 Prozent rechnen zudem mit noch restriktiveren Bedingungen Anfang 2012. Nicht zuletzt deshalb erwartet Citigroup eine leichte Rezession in der Eurozone über drei Quartale bis Mitte 2012.

Bleibt die Frage, warum die Banken nicht lieber die Geldspritzen in Anspruch nehmen. Auch hier gibt es eine Logik. Kapitalerhöhungen über Börsen führen bei niedrigen Kursen zu einer massiven Verwässerung: Bestehende Aktionäre verlieren für wenig Geld viel Mitsprache. Und staatliche Injektionen fürchten die Institute wie der Teufel das Weihwasser, bedeutet das doch in der Regel Boni- und Dividendenbeschränkungen, in vielen Staaten auch Mitsprache der öffentlichen Hand. Bei Hilfe vom Rettungsfonds sollen die Banken zum Abspecken bis hin zur Abwicklung verdammt werden.

Wie groß die Kapitallücke in Österreich ist, darüber scheiden sich die Geister. Für Erste Group und Raiffeisen Bank International werden meistens - je nach Stress-Annahmen - kleine Milliardenbeträge angenommen. Zuletzt sorgten die Analysten von Nomura für Aufsehen, die RBI einen Kapitalbedarf von 3,5 attestierten. (Andreas Schnauder, DER STANDARD; Print-Ausgabe, 24.10.2011)