"Unternehmen versuchen derzeit ihren Standort zu halten, denn ein Umzug ist immer mit Kosten verbunden", so Brita Hombrecher.

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Bürogebäude außerhalb des Zentrums brauchen ein Alleinstellungsmerkmal, um auf dem Markt reüssieren zu können, sagt die Spezialistin. Im Bild zu sehen: der Marximum-Bürokomplex in Wien-Simmering.

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Immobilienmanagerin Brita Hombrecher spricht über den exklusiven Adressatenkreis für Wiener Toplagen und die positive Stimmung in der Branche trotz aufziehender Gewitterwolken. Markus Böhm hat nachgefragt.

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STANDARD: Welche speziellen Aufgaben muss ein gewerblicher Immobilienmanager übernehmen?

Hombrecher: Neben den "normalen" Tätigkeiten, also Mieten einzuheben, Gebäude zu erhalten und vorausschauend zu bewirtschaften - kurz: für Mieterzufriedenheit zu sorgen - kommt dem gewerblichen Immobilienmanager immer mehr die Rolle des Vermittlers zwischen Eigentümer und Mieter zu. Er hat die Botschaften in beide Richtungen zu transportieren und ist vor Ort "Augen und Ohren für den Eigentümer".

STANDARD: Mit welchen speziellen Herausforderungen haben Sie es am österreichischen Gewerbeimmobilienmarkt zu tun?

Hombrecher: Es besteht ein großes Potenzial für die professionelle externe Gebäudebewirtschaftung, da viele - auch große - Unternehmen ihre Liegenschaften noch immer selbst verwalten und das Know-how von externen spezialisierten Objektmanagern noch zu wenig nützen.

STANDARD: Was kann ein externer, spezialisierter Objektmanager besser machen?

Hombrecher: Externe Objektmanager sind hochqualifizierte Personen, die dieses Gewerbe erlernt haben und sich laufend weiterbilden. Sie haben einen anderen Blickwinkel, für sie steht das Objekt und nicht etwa Persönliches im Vordergrund.

STANDARD: Angenommen, jemand sucht ein Geschäftslokal in bester Lage in Wien, wie sollte er vorgehen?

Hombrecher: Da dieser sehr spezielle Teilmarkt sehr eng ist und sehr viele Transaktionen gar nicht am offiziellen Markt stattfinden, sollte man spezialisierte Makler für dieses Segment beauftragen und im Falle eines passenden Angebotes rasch entscheiden.

STANDARD: Wo finden diese Transaktionen dann statt, wenn nicht am offiziellen Markt?

Hombrecher: Der offizielle oder besser gesagt der öffentliche Markt mit hoher Publizität besteht im engeren Sinn aus den Print- und Onlinemedien. Top-Locations, beispielsweise Geschäftslokale in den prominenten Lagen der Wiener Innenstadt, haben einen ziemlich eingeschränkten Adressatenkreis.

STANDARD: Ein sogenannter "enger Teilmarkt", wie Sie vorher erwähnten.

Hombrecher: Genau. An diesen Standorten ist das Angebot sehr klein, gleichzeitig ist die Nachfrage vieler Unternehmen, dort Fuß zu fassen, groß. Die damit verbundenen Erfordernisse und Bedürfnisse dieses exklusiven Kundenkreises sind aufgrund langjähriger Erfahrung zumeist nur Spezialisten in diesem Segment bekannt. Sie sind daher besser in der Lage, ihren vorgemerkten Kunden binnen kürzester Zeit konkrete Angebote zu einem derartigen Standort zu machen. Unsere Erfahrung zeigt: Sowohl Vermieter als auch Mieter in diesem Bereich legen auf höchste Vertraulichkeit Wert, weshalb man diese Angebote vermutlich nicht in Medien finden wird, bevor sie vermietet sind.

STANDARD: Wie wirkt sich die Eurokrise auf das Gewerbeimmobilienmanagement aus?

Hombrecher: Viele Mieter haben - nicht nur angesichts der Wirtschaftskrise - eine verstärkte Kostensensibilität entwickelt und wollen die Kosten transparent dargestellt haben. Es wird mehr Flächeneffizienz gefordert, aber auch nachhaltig niedrige Betriebskosten. Daneben versuchen manche Unternehmer ihre Kostensituation zu verbessern, indem sie Flächen verkleinern. Gleichzeitig versuchen sie den Standort zu halten. Denn Umzüge sind immer schwierig und verursachen den Unternehmen Kosten. Weiters führt die Unsicherheit auf den Finanzmärkten auch dazu, dass kaum Umzugsentscheidungen getroffen werden bzw. der Entscheidungsprozess sehr lange dauert. Wenn es zum Abschluss kommt, wollen viele Mieter keine langfristigen Verträge eingehen, sondern vielmehr die Möglichkeit haben, kurzfristig aus den Verträgen auszusteigen, mit einer sogenannten zusätzlichen Breakoption.

STANDARD: Sie haben auch die Expo Real besucht. Welche Eindrücke haben Sie von dort mitgenommen?

Hombrecher: Die allgemeine Stimmung auf der Messe war durchwegs positiv. Die Marktteilnehmer scheinen sich bereits auf die Zeit nach der Krise vorzubereiten. Endgültige Entscheidungen werden jedoch noch nicht getroffen, da die Entwicklung des Marktes schwer bis gar nicht einschätzbar ist. Bei neuen Projekten zeigt sich, dass für eine Finanzierung erstklassige Vorbereitungen, erhebliches Eigenkapital und ein schlüssiges Verwertungskonzept mit deutlichem Vorverwertungsanteil unerlässlich geworden sind.

STANDARD: Was kann man sich unter einem "schlüssigen Verwertungskonzept" vorstellen?

Hombrecher: Ein solches Konzept berücksichtigt die aktuellen Merkmale und Anforderungen der Nutzer des jeweiligen Segments. Beispielsweise benötigt ein Büroneubau heute die höchstmögliche Zertifizierung, um ihn überhaupt vermieten zu können. Eine exakte Analyse der aktuellen Entwicklungen des Teilmarktes plus eine begründete Prognose sind ebenso unerlässlich. So müssen etwa Bürogebäude außerhalb des Zentrums auf die dortigen Nutzer-, Ausstattungs- und Preiserfordernisse eingehen und vor allem ein klares Alleinstellungsmerkmal haben. "Stand alone"-Entwicklungen außerhalb gewachsener Bürostandorte haben derzeit jedenfalls wenig Chancen auf Vorvermietung und Finanzierung. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 22./23.10.2011)