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Angela Merkel läuft die Zeit davon.

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Frankfurt - Die deutschen Banken kommen in der Schuldenkrise voraussichtlich um eine gewaltige Kapitalaufstockung herum. Sie brauchen rund 5,5 Milliarden Euro frisches Kapital, um ausreichend gewappnet zu sein, sollte das hochverschuldete Griechenland zahlungsunfähig werden. Diese Zahl nannte der Präsident des Landesbanken-Verbandes VÖB, Christian Brand. Er fügte hinzu: "Das ist überschaubar." Zuletzt war über deutlich höhere Summen spekuliert worden.

Bereits vergangene Woche war durchgesickert, dass der Kapitalbedarf der deutschen Institute nur im mittleren einstelligen Milliardenbereich liegt. Das könnten die Häuser ohne Staatshilfe stemmen.

Die Staats- und Regierungschefs der EU hatten sich auf ihrem Gipfel in Brüssel grundsätzlich auf einen Kapitalisierungsplan für Europas 60 größte Geldhäuser verständigt. Voraussichtlich bis Juni sollen sie auf eine Kernkapitalquote von neun Prozent kommen - und bräuchten dafür insgesamt rund 100 Milliarden Euro. Nur wenn sie die Mittel nicht selbst aufbringen können - über einbehaltene Gewinne, den Abbau von Risikopositionen (RWA) oder Kapitalerhöhungen - soll erneut der Steuerzahler einspringen. Die Beschlüsse werden wohl an diesem Mittwoch festgezurrt, wenn die Spitzenpolitiker erneut zusammenkommen. Um eine ausreichende Beteiligung der nationalen Parlamente zu gewährleisten, war der Gipfel zweigeteilt worden.

Entgegenkommen der Banken

Mit der Kapitalaufstockung sollen die Banken auch eine Pleite Griechenlands und deren Folgen überstehen können. Noch geht es nur um einen größeren Forderungsverzicht der privaten Gläubiger auf griechische Staatsanleihen, wie er von der Politik gefordert wird. Bundeskanzlerin Angela Merkel rechnet nach den Worten von Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin mit einem Schuldenschnitt für Griechenland von "über 50 und unter 60 Prozent". Hier zeichnet sich ein Entgegenkommen der Banken ab. Mehrere mit den Verhandlungen vertraute Personen sagten, alles laufe auf einen Schuldenschnitt von bis zu 50 Prozent hinaus. Die Geldhäuser unter Führung des von Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann geführten Bankenverbandes IIF seien dazu bereit. Wie andere Investoren - etwa Staatsfonds - darauf reagieren, ist aber offen. Bei einer Unterrichtung der Fraktions- und Parteichefs sagte Merkel, dass die finanzielle Stärke des Euro-Rettungsschirms EFSF auf eine Größenordnung von über eine Billion Euro gehebelt werden soll.

Auch Versicherer zählen zu den privaten Gläubigern. Der deutsche Branchenverband GDV geht indes nicht davon aus, dass sich ein Schuldenschnitt für Griechenland spürbar auf die Versicherer und ihre Kunden auswirken würde. "Das Engagement der deutschen Versicherer in Griechenland ist mit deutlich unter 0,3 Prozent der gesamten Kapitalanlagen außerordentlich gering", erklärte GDV-Hauptgeschäftsführer Jörg von Fürstenwerth. Die Münchener Rück sprach sich für einen starken Schuldenschnitt für Griechenland aus. Dies sei ein realistischer Weg zur Lösung der gegenwärtigen Krise in der Euro-Zone, sagte Vorstand Ludger Arnoldussen.

Auch VÖB-Präsident Brand sprach davon, dass mehr als die im Juli vereinbarten 21 Prozent an Wertberichtigungen möglich seien - aber unter Bedingungen: Die Staaten müssten die Schuldenkrise bei der Wurzel packen und dürften den Banken nicht länger den Schwarzen Peter zuschieben. Die öffentliche Debatte über die Rolle der Banken sei unglaublich. "Wir erleben keine Bankenkrise, sondern eine ausgewachsene Staatsschuldenkrise", betonte er. Das sei nicht über Nacht passiert, die Staaten hätten jahrelang unsolide gewirtschaftet. "Staaten haben die Aufgabe dafür zu sorgen, dass sie auch zurückzahlen können."

Prinzip Hoffnung an der Börse

Doch schon allein die Aussicht auf einen umfangreichen Auffangplan für die Banken sorgte zu Wochenbeginn an den Börsen für Erleichterung: Der europäische Bankenindex notierte fast ein Prozent im Plus. In Frankfurt verbuchten die zuletzt arg gebeutelten Aktien von Deutsche Bank und Commerzbank leichte Gewinne. Noch deutlicher zogen in Paris die Papiere von Société Générale und Credit Agricole an.

Auch die französischen Banken, allesamt sehr stark in Griechenland engagiert, kämen wohl mit einem blauen Auge davon. Frankreichs Notenbankchef Christian Noyer sprach von einem Kapitalbedarf von weniger als zehn Milliarden Euro, was ebenfalls ohne staatliche Hilfe zu schaffen sei. Am stärksten träfe es Analysten zufolge die Banken in den Schuldenstaaten selbst: Für griechische Institute etwa errechneten Experten einen Kapitalbedarf von 30 Milliarden Euro, für spanische wären es wohl 15 Milliarden.

VÖB-Präsident Brand appellierte an die Regulierer, bei der geforderten Kernkapitalquote zumindest vorübergehend die für die Landesbanken so wichtigen Stillen Einlagen anzuerkennen. Falls Landesbanken erneut von ihren Eignern gestützt werden müssten, dürfe das nicht wieder die EU-Kommission mit Beihilfeverfahren auf den Plan rufen, warnte er. "Da wäre es hilfreich, wenn man kein Prinzipienreiter wäre." (Reuters/red)