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Dinko Jukic war nach dem Freispruch erleichtert. "Ich war mir nie einer Schuld bewusst."

Foto: APA/ Hochmuth

Wien - "Ich war mir immer sicher, dass es kein Verschulden gab" , sagte Dinko Jukic nach seinem Freispruch im Doping-Prozess. "Es hat sich das bestätigt, was der Schwimmverband und ich immer berichtet haben. Für mich gilt nicht die Unschuldsvermutung, sondern die Unschuld."

Am Montagabend bestätigte die Rechtskommission der Nationalen Anti-Doping Agentur (Nada) in ihrem Urteilsspruch, dass Jukic zwar gegen zwei Bestimmungen des Welt-Anti-Doping-Codes verstoßen hat. Jukic hat den vereinbarten Zeitpunkt eines Tests nicht eingehalten und an der Durchführung des Tests nicht mitgewirkt. Mangels Verschulden sei er aber freizusprechen. "Der Beschuldigte hat Glück gehabt" , sagte Nada-Rechtsvertreter Gernot Schaar. Im Klartext heißt das Urteil auch, dass sowohl Jukic als auch die Nada fein heraus sind.

Der Eiertanz um den verweigerten Dopingtest des 22-jährigen Wieners wird seit genau fünf Monaten aufgeführt. Am 24. Mai soll Jukic Kontrolloren der Nada im Rahmen einer Trainingseinheit im Wiener Stadionbad eine sofortige Blutprobe verweigert haben. Der Schwimmer rechtfertigte sein Handeln mit mangelhaften sanitären Bedingungen im Bad.

Weil die Verweigerung eines Bluttests - ähnlich wie bei einer Alkoholprobe - als positiver Test gewertet wird, leitete die Nada ein Verfahren ein. Am Montag wurde im Wiener Nada-Büro bereits der dritte Verhandlungstag geführt.

Zuvor musste das Verfahren vor der Rechtskommission unter dem Vorsitz von Schaar schon zweimal vertagt werden. Am 2. August dauerte die Verhandlung zwölf Stunden. Am 26. September wurde nach acht Stunden ergebnislos abgebrochen. Am Montag gelangte das Gremium nach sechs Stunden um 17.30 Uhr zum Urteil.

Jukic kam am 24. Mai zwar verspätet zum vereinbarten Zeitpunkt des Dopingtests. Das gilt aber erst als Verstoß, wenn ein Sportler drei Mal in 18 Monaten diese zeitliche Richtlinie nicht befolgt. Und an den Unstimmigkeiten über die nicht erfolgte Durchführung der Blutprobe ist ihm kein Verschulden anzulasten. Der Urteilsspruch spricht übrigens nicht von "Verweigerung" , sondern von "Mitwirkung" .

Ob es Sanktionen gegen den Kontrollor geben wird, darauf wollte Schaar nicht eingehen. Eines wollte er versprechen: "Das ist ein einmaliger Fall. So etwas wird sicher nicht mehr vorkommen."

Unsaubere Blutabnahme

Die Argumentation von Jukic, der die Dopingprobe am 24. Mai aufgrund hygienischer Bedenken erst nach dem Training abgeben wollte, erhielt mit dem Fall der russischen Spitzenschwimmerin Anastasia Tschaun Rückendeckung. Die Langbahn- und Kurzbahn-Europameisterin über 200 m Brust musste aufgrund einer Venenentzündung im linken Arm die WM Ende Juli in Schanghai kurzfristig absagen.

Die 22-Jährige war am 11. Juli während eines Schwimmtrainings in einem Umkleideraum getestet worden. Tschaun machte die unsauber durchgeführte Abnahme für die Entzündung verantwortlich. "Es wird sicher gerichtliche Konsequenzen geben", kündigte Russlands Cheftrainer Andrej Woronzow damals an.

Für Jukic ist der Dopingfall abgehakt. "Ich gehe trainieren" , kündigte Jukic gleich nach dem Urteil an. Das nächste Großereignis ist die Kurzbahn-EM im Dezember in Polen. Und auch die Teilnahme der österreichischen Staffel an den Olympischen Spielen 2012 in London mit Jukic ist gesichert. Bei einem Schuldspruch wäre das in Schanghai erschwommene Limit hinfällig gewesen.

Anselm Oehlschlägel, Anti-Doping-Beauftragter im Deutschen Schwimm-Verband (DSV), sieht die Entscheidung kritisch: "Ich kann mir vorstellen, dass dieser Fall bei den deutschen Schwimmern für Aufsehen sorgen könnte. Allerdings waren sie, was Dopingtests betrifft, bislang extrem diszipliniert. Wenn ein Schwimmer wegen angeblich schlechter sanitärer Bedingungen einen Test verweigert, würde ich ihm sagen, dass er sich rechtlich auf sehr dünnem Eis bewegt." (David Krutzler, DER STANDARD, Printausgabe, Dienstag, 25. Oktober 2011 + online-Aktualisierung)