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Italiens Ministerpräsident Silvio Berlusconi will nicht mit wehenden Fahnen untergehen. Bis Mittwoch will er ein Reformpaket beschließen lassen und seinen Machterhalt sichern.

Foto: AP/Geert Vanden Wijngaert

Die Kopfwäsche, die Italiens Regierungschef am Sonntag in Brüssel bekommen hat, zeigt Wirkung: Berlusconi will Reformen angehen und das Pensionsalter anheben. Eine Regierungssitzung Montagabend sollte den Weg ebnen.

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Mailand - Für Italien und Regierungschef Silvio Berlusconi bedeutete der am Wochenende stattgefundene EU-Gipfel eine kalte Dusche. Das Ultimatum der EU an Italien heißt auf gut deutsch: Handeln oder Rücktritt. Da Berlusconi nicht zurücktreten will, muss er handeln.

Bis Mittwoch soll Italiens Regierung Reformen und Wachstumsmaßnahmen vorlegen, die Schuldenabbau garantieren, gleichzeitig aber auch Wirtschaftswachstum ermöglichen. Ohne diese Maßnahmen würde Italien laut Prognose der Wirtschaftsforscher des Instituts Prometeia 2012 in eine Rezession (Schrumpfung des BIP um 0,3 Prozent) schlittern.

Berlusconi hat bereits aus Brüssel wissen lassen, dass die Dienstaltersrenten abgeschafft und das Pensionsalter von 65 auf 67 Jahre erhöht werden soll. Koalitionspartner Lega Nord läuft dagegen Sturm und hat Protestmaßnahmen angekündigt. Hingegen zeigen sich die Zentrumsparteien mit der Reform einverstanden. Eine Regierungsumbildung ist in Italien nicht auszuschließen.

Deutschlands Angela Merkel meinte, das Vertrauen der Märkte in Italien werde erst dann wiederhergestellt, wenn Rom seine Hausaufgaben mache. Doch eines der größten Probleme Italiens ist, dass jeglicher Sinn für europäische Verantwortung fehlt.

Neben Schuldenabbau wird Italien auch zu Wachstumsimpulsen ermutigt. Bisher zögerte die Regierung in Rom unter Hinweis auf die leere Staatskasse. Deshalb verhallten die Forderungen nach Wachstumsmaßnahmen, die unter anderem von der Präsidentin des Industriellenverbandes, Emma Marcegaglia, seit Wochen erhoben werden, bisher ungehört.

Was Berlusconi in drei Jahren Regierungszeit nicht zustande gebracht hat, soll nun innerhalb von drei Tagen beschlossen werden. Das sieht zumindest der Fahrplan für die Verabschiedung eines Reform- und Wachstumspakets vor, der mit der Krisensitzung des Kabinetts am Montagabend begonnen hat. Glaubwürdig ist das nicht. Tito Boeri, Nationalökonom und Wirtschaftsprofessor an der Mailänder Bocconi-Universität meint, es sei wichtig, dass Italien selbst die Maßnahmen bestimmen und durchsetzen müsse. Das Land stehe noch nicht unter Kuratel.

Unterdessen ist Berlusconi um Streitschlichtung an einer anderen Front bemüht. Er hat das EZB-Direktoriumsmitglied Lorenzo Bini Smaghi aufgefordert, seinen Posten im Führungsgremium der Europäischen Zentralbank zu räumen. Nur so könne eine weitere Verschlechterung der Beziehungen zu Frankreich vermieden werden. Frankreich sieht Italien, das mit Mario Draghi den EZB-Präsidenten stellt, überrepräsentiert. (Thesy Kness-Bastaroli aus Mailand, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 25.10.2011)