
Gut, manche Vorträge bei Symposien können etwas esoterisch klingen. Und trotzdem hochinteressant sein. Wie bei "Future and Reality of Gaming", der wissenschaftlichen Begleitkonferenz zur "Game City" im Wiener Rathaus. Denn die "Konstruktion von Identität in iranischen Computerspielen" entpuppte sich als faszinierender Einblick.
20 Spiele
20 Spiele aus den Jahren 2005 bis 2009 hat Vit Sisler von der Karlsuniversität Prag dafür analysiert. Solche, die im staatlichen Auftrag geschaffen wurden, und von privaten Unternehmen produzierte. Seine Schlussfolgerung: In den Spielen wird Wert darauf gelegt, dass der Iran, beziehungsweise Persien, immer in der Rolle des Verteidigers und nicht des Aggressors dargestellt wird. Und dass das Land eine lange und glorreiche Geschichte hat.
Die staatlichen Spiele sind ziemlich unpopulär. Einerseits sind sie grafikmäßig den westlichen Spielen, die als Raubkopien vertrieben werden, unterlegen. Andererseits scheinen die als Gegenpol zu den westlichen Games gedachten Geschichten die Spieler nicht anzusprechen. Wenn also in "Special Forces" ein iranischer Nuklearwissenschaftler auf einer Pilgerreise in den Irak von US-Soldaten entführt und befreit werden muss. Oder in "Memorable Battles" Schlachten des Krieges mit dem Irak neu ausgeschossen werden.
"Quest of Persia"-Reihe war im Iran Bestseller
Anders die privaten Produktionen: Die dreiteilige "Quest of Persia"-Reihe war im Iran Bestseller, wurde sogar auf Englisch zum Download angeboten. Puya Dadgar, Chefentwickler der Reihe, erläutert im STANDARD-Interview, warum ihm der Inhalt der Abenteuerspiele wichtig ist: "Wir wollen die Spielern mit dem Glanz der persischen Kultur bekannt machen und dafür interessieren." Aus dem Plan, sieben Teile herauszubringen, wurde dann aus Geldmangel aber nichts.
Wissenschaftler Sisler hat beobachtet, dass die Helden generell hochstehenden moralischen Codes folgen, im Gegensatz beispielsweise zur Grand Theft Auto-Reihe. Inhaltlich seien die Spiele also iranisch, strukturell aber westlich. Die Anziehungskraft der westlichen Vorbilder zeigt sich auch anderswo - so gibt es eine islamische Version der "Sims".(Michael Möseneder, DER STANDARD Printausgabem 25. Oktober 2011)