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Gegen die Coolness der 68 hatte der Fünfziger der Leafs nichts zu melden.

Foto: Reuters

Philadelphia - Als der Puck im Netz zappelte, zog Jaromir Jagr seinen rechten Handschuh ab und salutierte vor den Fans. Die Zuschauer im Wells Fargo Center von Philadelphia sprangen begeistert von ihren Plätzen auf und feierten den Stürmer mit Ovationen. Dreieinhalb Jahre hat der NHL-Rückkehrer in der nordamerikanischen Eishockey-Profiliga nicht mehr eingenetzt, doch die Fans haben den Tschechen nie vergessen.

"Ich dachte mir, es wäre schön, wieder einmal zu treffen", sagte der 39-Jährige mit einem spitzbübischen Lächeln im Gesicht. Statistiker hatten genau mitgezählt: 438 Minuten und eine Sekunde war die Saison alt, ehe sie für Jagr richtig begann. So lange hatte der Außenstürmer noch nie für sein erstes Saisontor gebraucht. Am Ende feierte Jagr beim 4:2-Sieg der Flyers gegen die Toronto Maple Leafs aber sogar einen Doppelpack.

Die beiden Kontertore weckten süße Erinnerungen. "Old School Jagr", hieß es auf der NHL-Homepage - und das war als Kompliment gemeint. Die Nummer 68 verzauberte das Publikum wie in alten Zeiten mit seiner Technik, seiner Schlittschuhkunst und natürlich seinem berühmten Handgelenkschuss.

Diese Waffe hatte Jagr in den vergangen drei Jahren nur in der russischen KHL ausgepackt. 2008 war Jagr dem Lockruf des Geldes gefolgt, sein Jahresgehalt beim Roman-Abramowitsch-Klub Awangard Omsk lag bei angeblich zwölf Millionen US-Dollar. Allerdings war er nach 18 Jahren NHL mit 1599 Scorerpunkten auch mental erschöpft: "Der Druck war Tag für Tag sehr groß. Nach einer Weile brauchst du einfach eine Pause, um den Kopf frei zu bekommen."

Diese Pause hat sich der Olympiasieger von 1998 genommen. Doch es zog ihn zurück auf die große Bühne. Sein Traum ist der gleiche wie in all den Jahren zuvor: er heißt Stanley Cup. Auch deshalb hat er sich für die Flyers entschieden. "Hier gibt es unglaublich viel Potenzial", sagt Jagr.

19 Jahre sind seit seinem zweiten und bislang letzten Titel vergangen. Damals, 1992, wirbelte er an der Seite von Mario Lemieux mit den Pittsburgh Penguins die gegnerische Abwehrreihen durcheinander. Niemand hätte sich gewundert, wenn Jagr vor der Saison in Pittsburgh unterschrieben und den Kreis geschlossen hätte. Doch stattdessen zog es ihn ausgerechnet zum Rivalen aus Philadelphia. Doch Jagr hatte schon immer seinen eigenen Kopf. 

Früher hatte er sich die Initialien AD als Hommage an Alexander Dubcek, der Symbolfigur des Prager Frühlings, auf seinen Helm eingraviert. Auch seine Rückennummer 68 erinnert an die Revolution im Jahr 1968, bei deren gewaltsamer Zerschlagung sein Großvater ums Leben kam.

Es ist nicht das Geld, das ihn antreibt. "Ich wollte immer derjenige sein, von dem am meisten erwartet wird", sagt Tschechiens Volksheld. (sid/red)