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Umberto Bossi sieht sich als Vertreter des kleinen Mannes. Änderungen im Pensionsrecht schreiten  daher nur sehr langsam voran.

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Die von der EU geforderte Reform des italienischen Rentenwesens findet nur zum Teil statt. Jedenfalls werden die von Regierungschef Silvio Berlusconi noch am Sonntag gemachten Reformversprechen nicht ganz erfüllt. "Wir werden die Frührenten abschaffen und das Renten-Eintrittsalter auf 67 Jahre erhöhen" , versprach Silvio Berlusconi am Wochenende den EU-Partnern.

Er hatte nicht mit dem klaren Nein von Koalitionspartner Umberto Bossi gerechnet. Dieser zeigte sich stur. Die Frühpensionen werden nicht angetastet, meinte er. Hingegen wurde bei der Erhöhung des Rentenalters ein Kompromiss gefunden: bis 2026 soll eine stufenweise Erhöhung von 65 auf 67 Jahre stattfinden.

Es ist unwahrscheinlich dass sich Brüssel mit der Mini-Reform aus Rom zufriedengibt. Denn Italiens Pensionssystem ist eines der teuersten im EU-Vergleich. Es absorbiert zwischen 15 und 16 Prozent des Bruttoinlandproduktes. Im EU-Schnitt liegt der Anteil zwischen 13 und 14 Prozent.

Die staatliche Rentenversicherung INPS soll 2012 in die roten Zahlen rutschen. Die üppigen Pensionen lasten auch deshalb auf der Staatskasse, weil die demografische Kurve hier stärker nach unten zeigt als in den mitteleuropäischen Ländern und weil das durchschnittliche Lebensalter in Italien höher ist als im EU-Schnitt.

Die populistische Regierungspartei Lega Nord sieht sich als Vertreterin der kleinen Leute und will deren Interesse wahren. In Italien kann heute noch ein Arbeitnehmer, der 35 Dienstjahre nachweist, in den Ruhestand treten.

60 Jahre sind genug

Stufenweise soll die Grenze nun auf 40 Jahre erhöht werden. Dies bedeutet, dass ein großer Teil der Bevölkerung weiterhin mit 58 bis 60 Jahren in Pension gehen kann. Im Schnitt werden rund 70 Prozent des letzten Gehalts als Rente ausgezahlt. Zur Diskussion steht nun, ob Arbeitnehmer die auf ihre Frührente verzichten, prämiert werden sollen.

Zwar gab es in den letzten Jahren zahlreiche, kleine Änderungen im kostspieligen Rentensystem. Denn bis in die neunziger Jahre war es staatlich Angestellten möglich, bereits nach 15 Jahren die Rente zu fordern. Rund vier Millionen Italiener beziehen eine Frührente. Seit Mitte der neunziger Jahre wurden die sogenannten Baby-Renten im öffentlichen Dienst abgeschafft. Die Frührenten in der gewerblichen Wirtschaft blieben jedoch bestehen. (Thesy Kness-Bastaroli aus Mailand/DER STANDARD, Printausgabe, 27.10.2011)