Ähnlich wie alle anderen Hauptstädte ist Prishtina/Priština kaum mit dem Rest des Kosovo zu vergleichen. Begnügt man sich damit durch den wild bebauten Stadtkern zu flanieren, bekommt man den Eindruck, dass die "Mission Kosovo" am Gelingen ist. Spielwiese für unzählige NGOs und internationale Nation Building-Helfer, zeigt sich die jüngste Nation Europas in der Hauptstadt von ihrer besten Seite. "Die Unabhängigkeit allein kann uns aber nicht ernähren", sagt der kosovarische Politologe und Philosoph Shkëlzen Maliqi und spricht damit die unsichere ökonomische Frage des Staates Kosovo an, der von 85 (von 193) UN-Mitgliedstaaten bisher anerkannt wurde. Außerhalb von der Hauptstadt ist das Fehlen von eigenständiger Industrie und ausländischen Investoren deutlich zu spüren. Die Armut betrifft alle Bewohner des Kosovo, aber vor allem die zurückgekehrten Serben und andere Minderheiten, wie die Roma. Und dann ist das auch die ungeklärte Frage der Region Nordkosovo, deren mehrheitlich serbische Bewohner, partout keine Minderheit werden wollen. Nach dem sechstägigen Aufenthalt in der geschichtsträchtigen, spannenden aber auch ärmsten Region des Balkans bleiben viel Fragen unbeantwortet.

Am Kontrollpunkt Merdare, zwischen Serbien und dem Kosovo, bildeten sich letzte Woche kilometerlange LKW-Schlangen. Schuld daran ist die erst vor wenigen Wochen aufgehobene Importbeschränkungen für serbische Waren, erklären die Fahrer.

Foto: Olivera Stajic

Mit einem Durchschnittsalter von 25 Jahren hat Kosovo die jüngste Bevölkerung in Europa. Am Campus der Universität Prishtina/Priština herrscht den ganzen Tag reges Treiben. Derzeit hat die Universität rund 45.000 Studierende.

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Ein außerordentliches Architekturdenkmal ist die Universitätsbibliothek, die vom kroatischen Architekten Andrija Mutnjaković Anfang der 1890er-Jahre konzipiert wurde. Das Gebäude hat 99 weiße Glaskuppeln in verschiedenen Größen und ist vollständig mit einem Metallnetz abgedeckt.

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Weniger künstlerisch originell, aber umso wichtiger für das neue kosovo-albanische Selbstverständnis ist die Statue des albanischen Nationalhelden Skanderbeg am Ende der Stadtpromenade.

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Im Kosovo-Museum erfährt man allerdings nichts über Gjergj Kastrioti Skanderbeg. Die derzeitige Ausstellung widmet sich der jüngsten Geschichte des Kosovo und zeigt die Bedeutung des Krieges der Nato-Staaten gegen Serbien für die Entstehung der jüngsten Nation Europas.

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Unweit der Hauptstadt, auf dem namensgebenden Kosovo Polje, befindet sich das Gazimestan Dankmal. Der 1953 erbaute Turm erinnert an die berühmte Schlacht auf dem Amselfeld am 15. Juni 1389.

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Vom Dach des Turms erblickt man das gesamte Amselfeld samt dem Kraftwerk Kosovo A/B in Obilić. Die Energie kommt von Abbau der Braunkohle in Kosovo Polje.

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Fährt man auf der Hauptstraße 50 Kilometer Richtung Norden, wird man schlagartig im die Gegenwart katapultiert. In der Stadt Mitrovica verläuft die Grenze zum Nordkosovo, einem Hauptsächlich von Serben bewohnten Gebiet, in dem die Selbstständigkeit des Kosovo negiert wird.

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In den Bergen oberhalb der Stadt Mitrovica haben Dorfbewohner im vergangenen September Barrikaden errichtet um die Transporte der internationalen Schutztruppe KFOR zu verhindern. Die serbische Bevölkerung wollte damit verhindern, dass kosovarische Zöllner zu den beiden Grenzübergängen im Norden des Kosovo transportiert werden. Heute wurde die Barrikanden von KFOR teilweise geräumt.

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Während die Serben im Norden "auf keinen Fall Kosovaren werden wollen", wie ein Mann auf den Barrikanden betonte, gibt es im Südwesten des Kosovo, im Bezirk Klina, einige sogenannte Rückkehrer-Dörfer.

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Auf die Renovierung oder Erbauung der neuen Häuser haben manche jahrelang gewartet. Wenn sie zurückkehren erwarten sie oft Anfeindungen. Letzte Woche kam es in der Gegend erneut zu einem Mord an einem serbischen Rückkehrer.

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Trotz schwerer ökonomischer Lage für alle Bevölkerungsgruppe in Klina leistet sich die Gemeinde ein neues Rathaus nach dem Vorbild des Weißen Hauses.

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Im Westen des Kosovo unweit der Stadt Peć/Pejë befindet sich eines der vielen serbischen Klöster. Das Kloster Visoki Dečani ist das größte Gebäude des mittelalterlichen Serbien und wurde in den Jahren 1328-1335 erbaut. Derzeit wird es, wie viele Kulturdenkmale im Kosovo, von der KFOR beschützt.

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Das Kloster verlassen die Mönche nur mit einer KFOR-Eskorte. Das sei aber nichts außergewöhnliches, erzählt der Mönch Peter. "Wir wurde im Zweiten Weltkrieg und auch während der osmanischen Zeit immer von bewaffneten beschützt. Das hat Tradition", meint er lakonisch. Das letzte Mal wurde das Kloster 2007 beschossen. (Olivera Stajić, 27. Oktober 2011, derStandard.at)

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