Das Wohnzimmer im besetzten Haus in der Wiener Lindengasse wirkt bereits bewohnt.

Foto: Max Daublebsky

Auch in der Küche haben sich die Besetzer bereits eingelebt.

Foto: Max Daublebsky

Seit zwei Wochen wird das Haus in Wien Neubau unter dem Namen "Epizentrum" besetzt. "Es geht uns um alternative Lebensformen", sagt dazu einer der Aktivisten im Gespräch mit einigen Journalisten. Seinen Namen will er genauso wie die anderen hier in der Lindengasse 60 lieber nicht nennen. Fotografiert werden soll auch besser niemand. Zu groß ist die Angst, durch Polizei und Verfassungsschutz kriminalisiert zu werden.

Eigentümer des Hauses ist die "Bauen und Wohnen GmbH" - besser bekannt als Buwog und in den vergangenen Jahren eher mit schlechter Presse bedacht. Auch die Besetzer stehen dem Unternehmen im Besitz der Immofinanz nicht gerade positiv gegenüber. "Hier wurde staatliches Eigentum privatisiert, an dem sich dann einige wenige bereichert haben", meint dazu einer der Anonymen. "Unsere Besetzung ist eine Rückeignung von totem Kapital. Wenn das Ganze einer alten Frau gehören würde, wäre das schon was anderes."

BUWOG will Räumung des Hauses

Man hat also kein schlechtes Gewissen, das Haus für die eigenen Vorstellungen zu nützen. Schon gar nicht, weil die Buwog Verhandlungen angekündigt habe, die so nie stattgefunden hätten. Ursprünglich sei den Besetzern zugesichert worden, das  Gebäude bis zum Abriss nutzen zu können. Dabei war von einem Termin Ende Dezember oder Anfang Jänner die Rede. Stattdessen soll das Haus nun bis Montag, 31. Oktober, geräumt werden (siehe Bericht).

Falls dies nicht passiert, will die Buwog "die uns geeignet erscheinenden Maßnahmen ergreifen", wie es in einem E-Mail an die Besetzer heißt. Letztere geben sich auch keinen Illusionen hin: "Alles ist möglich. Das Haus kann jederzeit polizeilich geräumt werden." Ob man sich dieser Aufforderung beugen wird, will im "Epizentrum" aber noch niemand sagen. Man verweist nur auf eine für Montag angesetzte Pressekonferenz, zu der auch Vertreter der Buwog eingeladen wurden. "Irgendwer von uns ist am Montag um elf Uhr da", so ein anonymer Besetzer. "Aber wer und wie viele es sein werden, können und wollen wir jetzt noch nicht sagen."

"Mietfreies Wohnen ist nicht das eigentliche Ziel"

Wehren wollen sich die Hausbesetzer auch gegen jenes Bild, das in der Öffentlichkeit von ihnen gezeichnet wird. "Mietfreies Wohnen ist nicht unser eigentliches Ziel", erklären die Besetzer. Man sehe sich eher als freies Kulturzentrum, in dem jeder seinen Platz haben soll. Viele die zurzeit hier leben sind Studenten, die eigentlich ihre eigenen Wohnungen haben. Was laut ihnen im Epizentrum passieren soll, ist der "Versuch eines kollektiven Eigentums". Jeder darf und soll mitbestimmen, um das Haus nach den jeweiligen Vorstellungen nutzen und gestalten zu können. "Hoffentlich auch über den kommenden Montag hinaus." (Max Daublebsky, derStandard.at, 28. 10. 2011)