Wien - Wie am Freitag bekannt wurde, werden mit 1. November (Stichtag für das neue Wiener Prostitutionsgesetz) nur die offenen Strafen in Zusammenhang mit der umstrittenen Schutzzonenregelung getilgt - ursprüngliches Ziel von Rot und Grün war es jedoch, mit dem neuen Gesetz eine Vollamnestie durchzusetzen.

"Leider", sagt eine Sprecherin von Frauenstadträtin Sandra Frauenberger (SPÖ), "ist das verfassungsrechtlich nicht möglich." Das bestätigt auch der Sprecher der Bundespolizeidirektion, Johann Golob: Eine Amnestie aller Strafen würde gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoßen, da diejenigen, deren Verfahren bereits abgeschlossen sind, schlechtergestellt würden.

Wie die meisten der Prostituierten hat auch Anja (28) noch einige dieser Verwaltungsstrafen zu bezahlen, die mehrere tausend Euro betragen können. "Augenauswischerei" sei die Amnestie, meint sie, wie auch das neue Gesetz. Es sei illegal, im Auto Sex zu haben, nun zwinge die Politik die Frauen dazu, weil es in den neuen Zonen kaum Stundenhotels gebe.

"...von der Politik im Stich gelassen"

In den Prater, wo sie ab Dienstag stehen dürfte, möchte sie auf gar keinen Fall. Im vorigen Jahr war sie eine Zeitlang dort, "es gab dauernd Ärger um die Plätze". Schon jetzt seien so viele Mädchen dort, dass 30 Euro und weniger für einen Job verlangt würden.

"Ich fühle mich von der Politik im Stich gelassen", sagt Anja. Sie geht im Stuwerviertel anschaffen, dort sei es zwar verboten, aber sie fühle sich sicher. "Wenn ich am Gürtel arbeiten muss, verliere ich meine Selbstständigkeit." Denn dann müsste sie für einen der Lokalbetreiber arbeiten. (Julia Herrnböck, DER STANDARD, Printausgabe 29./30.10.2011)