Bei den Studiengebühren, sagte Alexander Van der Bellen im Standard-Interview, habe er mit den Grünen, deren Chef er bis 2008 war, "immer ein bissl einen Clinch" gehabt. Eine ziemliche Untertreibung: Als "Einzelmeinung" qualifizierte die Partei ab, dass er sich diese unter gewissen Bedingungen vorstellen kann. Die grünen Studentenvertreter legten ihm gar nahe, zur ÖVP zu wechseln.

Diese Justament-Haltung teilen die Grünen mit vielen in der SPÖ. Sie haben sich damit nicht nur in eine fatale Patt-Situation manövriert - sie ignorieren auch die Lebensrealität der Studierenden. Dass der freie Hochschulzugang für eine kunterbunte soziale Durchmischung sorgt, ist eine nette Idee, die schlicht und einfach nicht funktioniert. Die Kinder aus finanzschwachen Familien, die es durch den Flaschenhals des Bildungssystems geschafft haben, sind an den Unis die Ausnahme. Sie dürfen dort mit gutsituierten Studenten auf dem Boden sitzen und sich um Seminarplätze prügeln - wenigstens da herrscht Gleichberechtigung.

Deutlich mehr Geld vom Bund für die Unis, dann Studiengebühren einführen und die Stipendien aufstocken - ein durch und durch vernünftiger Vorschlag des grünen Professors, gerade jetzt. Wenn das aktuelle Gesetz ausläuft und die Unis nach eigenem Gutdünken Gebühren einheben können, dann ist die Chance vertan, gleichzeitig das soziale Gefüge umzukrempeln. Ausgerechnet SPÖ und Grüne können das eigentlich nicht wollen. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 31.10.2011)