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m Hafen von Alicante droht den sechs Yachten des Volvo Ocean Race noch keine Gefahr.

Foto: AP/ Paul Todd

Die Yachten ächzen wie Ungeheuer, die Karbonrümpfe schießen heulend durch die aufgewühlte See vor der spanischen Mittelmeerstadt Alicante. Bis zu 20 Knoten sind die 21,5 Meter langen Yachten des Volvo Ocean Race an diesem Tag schnell. Bei optimalen Bedingungen im Südpolarmeer werden sie auf knapp 30 Knoten, also rund 55 Stundenkilometer, kommen. Die Segelfläche von nahezu 500 Quadratmetern auf dem Am-Wind-Kurs sorgt für den entsprechenden Vortrieb. Es ist nur ein Showrennen zum Aufwärmen, das die sechs Teilnehmer des legendären Rennens rund um die Welt austragen. Aber man erahnt, mit welcher Kraft die Yachten die 39.000 Seemeilen, also mehr als 72.000 Kilometer, bewältigen werden.

Als "Biest" bezeichnet der deutsche Segelprofi Tim Kröger, der 1997 um die Welt segelte, das neuseeländische Boot mit dem auffälligen roten Design. Teamchef Grant Dalton bezeichnet die Yachten als "Bulldozer der Ozeane. Die kannst du mit einer Schicht von fünf Leuten kaum beherrschen", sagt die 54-jährige Legende unter den Weltumseglern. "Du musst die ganze Zeit hart arbeiten. Das ist extrem physisch. Als ich in den Neunzigern unterwegs war, war es entspannter. Heute ist alles komplett durchtechnisiert und professionalisiert. Da darfst du keinen Fehler machen. Auch nicht auf so langen Etappen."

Die vom spanischen Schuhproduzenten Camper gesponserten Neuseeländer um den australischen Skipper Chris Nicholson liegen im Showrennen nur auf dem letzten Platz. Aber an Bord durften auch Sponsoren und Amateure ans Steuer. Über die Leistungsfähigkeit sagt das Rennen nichts aus. Im ersten Hafenrennen am Tag zuvor hatten die Neuseeländer bei lauen Winden und trotz einiger haarsträubender Fehler den dritten Platz geholt.

Die sogenannten In-Port-Races gehören zum Showprogramm des Volvo Ocean Race, das am Samstag in Richtung Kapstadt auf die erste Etappe geht. Bei den Hafenrennen in neun Etappenzielen und auf den Langstrecken gibt es Punkte zu gewinnen. Wer am Ende dieser Regatta für Abenteurer und Lebensmüde die meisten Punkte auf dem Konto hat, steht als Gesamtsieger fest.

Container gegen Piraten

Die Neuseeländer gelten gemeinsam mit dem 2009 zweitplatzierten US-Team Puma mit Skipper Ken Read und der Mannschaft aus Abu Dhabi unter dem englischen Bootsführer Ian Walker als Favoriten auf den Titel. Es tritt sogar eine Yacht aus China an. Allerdings wird sie von einem internationalen Team unter dem neuseeländischen Skipper Mike Sanderson gesegelt. Der Sponsor ist die Provinz Sanya. Daher wird eine der Etappen erstmals in China enden. Um den Kurs gab es im Vorfeld einige Aufregung. Denn von Kapstadt aus wird um die afrikanische Ostküste herum das Emirat Abu Dhabi angesteuert, was bedeutet, dass die Yachten durch Piratengebiet müssen. Die heikelsten Abschnitte werden die 14 Tonnen schweren Renner jedoch selbst auf Schiffen zurücklegen - in Container verpackt.

Ein österreichischer Segler wie Andreas Hanakamp, der bei der Auflage 2008/09 das Team Russia als Skipper anführte, ist diesmal nicht dabei. Die Ankunft der sechs Yachten im irischen Galway wird für Juli 2012 erwartet.

Die ständige Plackerei angesichts von 30 Meter hohen Wellen, Stürmen, Eis und Hitze, dazu die widrigen Bedingungen an Bord, bedeuten eine massive nervliche Belastung für die jeweils elf Crewmitglieder. "Das wird ein Spaß", sagt Hamish Hooper und grinst. Hooper ist der Medienmann des neuseeländischen Teams. Er sorgt für Livestreams, Bilder und Blogs von der Wahnsinnsfahrt über die Weltmeere. "Seekrank?" Hooper grinst wieder. "Klar wirst du seekrank. Aber es ist dennoch ein spaßiges Abenteuer." Neben ihm steht seine Frau, die im Jänner ein Kind erwartet. Hooper wird da irgendwo im Indischen Ozean unterwegs sein. "Es gibt ja Skype", sagt er und grinst schon wieder. (Ingo Petz aus Alicante, DER STANDARD, Printausgabe, Mittwoch, 2. November 2011)