Der Login-Screen ist nun ebenfalls im Design der GNOME Shell gehalten - und mit dezentem "Branding" versehen.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Der GNOME 3.2.1-Desktop mit dem neuen Wallpaper von Fedora 16 "Verne".

Screenshot: Andreas Proschofsky

In der Suche der GNOME Shell spürt nun auch den eigenen Kontakten nach.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Ein Blick auf den Workspace-Management-Alltag in der GNOME Shell.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Mit der neuen Version werden zahlreiche weitere Systemdialoge von der Shell übernommen.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Auch das Management von externen Datenträgern hat man mittlerweile dem Nautilus abgenommen.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Die aktuelle Version des Desktops zeichnet sich nicht zuletzt durch jede Menge Feinschliff an der Optik aus.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Ein nette Idee am Rande: Das Backup-Tool Deja-Dup fordert neue NutzerInnen dazu auf, ihre Daten zu sichern.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Mit dem Virt-Manager (und dem darunter liegenden KVM) hat Fedora seine eigene, durchaus mächtige und performante Virtualisierungslösung im Angebot.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Zwei virtuelle Tastaturen sind eine zuviel - im Bild die bei der GNOME Shell eingebaute sowie das "Eekboard"

Screenshot: Andreas Proschofsky

Das Installationsprogramm von Fedora 16 weist kaum Neuerungen gegenüber der Vorgängerversion auf, auch wenn sich im Hintergrund mit dem Wechsel auf Grub2 und GPT so manches getan hat. Rein optisch könnte man hingegen dringend mal eine Überarbeitung vertragen.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Manche der bei Fedora von Haus aus installierten Tools sind geradezu antik, duplizieren dazu noch bereits vorhandene Funktionalität.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Für den Linux-Desktop war das Jahr 2011 eines der grundlegenden Veränderungen: Praktisch alle - GNOME-basierten - großen Distributionen haben in den vergangenen Monaten auf eine neue Oberfläche gewechselt. Verabschiedete sich Ubuntu bereits im Frühjahr in Richtung des eigenen "Unity" setzte Fedora nur kurz darauf mit dem großen Versionssprung in Richtung GNOME3 - und damit der GNOME Shell als zentrales Element der User Experience - nach.

Fedora 16

Doch der Distributionsreigen steht natürlich auch seitdem nicht still: Sechs Monate später hat nicht nur Ubuntu bereits ein erstes großes Update nachgelegt, mit Fedora 16 gibt es nun auch eine neue Ausgabe der von Red Hat maßgeblich getragenen Distribution. Diese bringt wieder die gewohnte Fülle von Neuerungen mit sich - die im Folgenden etwas näher beleuchtet werden sollen.

Download

Fedora 16 kann wie gewohnt in Versionen für 32- und 64-Bit x86-Rechner von der Seite des Projekts heruntergeladen werden, dabei stehen neben einer GNOME-basierten Live-CD und dem umfassenden DVD-Install-Image auch wieder einige alternative "Spins" zur Verfügung, beispielsweise solche mit KDE (4.7.3) oder Xfce-Desktop.

Installation

Zum Installationsvorgang von Fedora gibt es nur wenig zu sagen, was nicht schon bei früheren Tests ausführlich thematisiert wurde, hat sich in dieser Hinsicht doch kaum etwas verändert. Grobe Probleme gibt es zwar keine, alles ist aber ein Stück umständlicher gelöst als etwa bei Ubuntu. Zumindest besteht in diesem Bereich eine gewisse Aussicht auf Besserung, im Hintergrund wird bereits seit einigen Monaten an einem grafischen Redesign von "Anaconda" gefeilt, bleibt zu hoffen, dass sich dieses bis Fedora 17 tatsächlich materialisiert.

btrfs, oder auch nicht

Aus dem ursprünglichen Vorhaben mit Fedora 16 das schon lange als Next-Generation-Dateisystem designierte btrfs zur Default-Wahl zu machen, ist wieder einmal nichts geworden. Das Fehlen der notwendigen Reparaturtools hat die entsprechenden Pläne kurzerhand gekippt, statt dessen kommt noch ein weiteres Mal ext4 zum Einsatz.

Boot

Ganz am Beginn des Startvorgangs steht üblicherweise der Bootloader, und wie schon so manch andere Distribution zuvor, vollzieht nun auch Fedora dieser Frage einen Wechsel: Statt dem "Grub Legacy" kommt dessen Nachfolger Grub2 zum Einsatz. Wer in solchen Dingen gern mal selbst Hand anlegt, muss sich also an eine Reihe von neuen Einstellungsdateien und -konventionen gewöhnen.

Aufteilung

Mit dem Update auf Grub2 geht aber noch eine weitere zentrale Änderung einher: Von Haus aus werden Festplatten bei Fedora nun nach dem "GUID Partition Table" (GPT) eingerichtet, der eine ganze Reihe von Beschränkungen des klassischen Master Boot Records (MBR) aufhebt, und zudem Teil des BIOS-Nachfolgers UEFI ist. GPT kann mit 128 Partitionen pro Disk umgehen, eine Trennung in primäre und erweiterte Partitionen gibt es dabei nicht mehr. Zudem kann MBR (ohne Tricks) derzeit nur mit Platten bis zu einer Größe von 2,19 TB umgehen - auch diese Grenze kann GPT leicht durchbrechen.

Kernfragen

Die Basis des Systems bildet der Kernel 3.1, und damit die erst vor kurzem frei gegebene neue Version der Software. Fedora 16 wird hier also einmal mehr seinem Ruf gerecht, mit einer besonders aktuellen Programmausstattung aufwarten zu können. Eine Pionierrolle, die man auch bei der Aufnahmen des neuen Boot-Systems Systemd in Fedora 15 eingenommen hat. Mit der aktuellen Version setzt man diesen Schritt konsequent fort, sodass zumindest im Default-Install keinerlei der alten SysV-Init-Skripte mehr zum Einsatz kommen. Mit Fedora 17 will man diesen Wandel dann vollständig abgeschlossen haben.

GNOME

Als Basis des Desktops steht bei Fedora - auch wenn man diverse Alternativen anbietet - voll und ganz der GNOME im Vordergrund, Fedora 16 bringt in dieser Hinsicht das Update auf die Version 3.2.1. Und diese liefert im Vergleich zur ersten Release von GNOME3 noch einmal eine recht umfassende Liste an Verbesserungen mit sich. Dies zeigt sich gleich nach dem Start des Rechners, präsentiert sich doch nun auch der Login-Manager GDM im neuen Gewand - und zwar jenem der GNOME Shell. Auch das Wallpaper hat man einmal mehr ausgetauscht, mit seinem Unterwasser-Thema ist es als Hommage an den Schriftsteller Jules Verne zu verstehen - dessen Nachname den Codenamen für die aktuelle Fedora-Ausgabe bildet.

Neuigkeiten-Parade

Die Vorzüge von GNOME 3.2 wurden an anderer Stelle bereits ausführlich gewürdigt, insofern hier nur mehr eine Art Schnelldurchlauf: Mit GNOME Contacts gibt es nun eine eigene Anwendung für die eigenen Kontakte, die sowohl lokale Informationen als auch jene von einem etwaig vorhandenen Google-Account zusammenführt. Dabei lassen sich die Kontakte sogar direkt über die Suchfunktion der GNOME Shell durchstöbern, der Instant-Messenger-Status wird prominent angezeigt.

Feinschliff

Durch den gesamten Desktop zieht sich das Thema "Feinschliff", sowohl das Desktop-Theme (nun mit hellen und dunklen Varianten für unterschiedliche Arten von Anwendungen) als auch das Aussehen der GNOME Shell wurden in vielen Punkten angepasst. Dazu kommt ein eigener Menüpunkt, um rasch Desktop-weit die Benachrichtigungen abschalten zu können, außerdem wurde das Management von externen Datenträgern vom Nautilus direkt in die GNOME Shell verlagert.

Neue Anwendungen

Zu den neuen Anwendungen im Desktop gehört Sushi, ein Tool zur schnellen Vorschau auf diverse Dateitypen, das dem Dateimanager Nautilus zur Seite gestellt wurde. Vom PDF über HTML-Dateien bis zu Videos lässt sich hier so ziemlich alles mit einem Druck auf die Leertaste etwas näher inspizieren. Mit GNOME Documents führt GNOME 3.2 lokale und online abgespeicherte Dokumente in einer gemeinsamen Ansicht zusammen, da es sich hierbei noch um eine Vorabversion handelt, ist die Software bei Fedora 16 allerdings nicht von Haus aus installiert. Die Nutzung von Online-Services ist aber auch so ein zentrales Thema der neuen Desktop-Version, hat man hierfür in Form der GNOME Online Accounts doch ein eigenes Stück Infrastruktur aufgenommen. Neben den bereits erwähnten Kontaktdaten und Dokumenten werden auch Chat-Accounts und Mails desktopweit zugänglich gemacht.

Eingeschränkt

Auch wenn all dies derzeit noch auf Google-Services beschränkt ist, also ein durchaus löbliches Unterfangen. Allerdings merkt man dem Ganzen den Status einer ersten Release noch deutlich an. Denn während nach der Freigabe des Google-Accounts der Gmail-Zugang in Evolution umgehend zur Verfügung steht, übernimmt dessen Kalenderkomponente automatisch nur einen einzelnen Kalender. Noch dazu arbeitet der Evolution Kalender - ebenso wie der Instant Messenger Empathy - nicht korrekt mit der Zwei-Weg-Authentifizierung zusammen, hier muss jeweils noch ein anwendungsspezifisches Passwort definiert werden. Bei Mails und Dokumenten sind solche Fleißaufgaben hingegen nicht vonnöten. Darüber hinaus wäre wünschenswert, dass die GNOME Contacts von Haus aus nur jene Kontakte synchronisieren, die bei Gmail unter "My Contacts" geführt werden. Speichert Google doch unter "Other Contacts" auch jede Menge Kontakte, die lokal nur wenig Sinn machen, etwa alle Personen, die man in Google+-Circles hinzugefügt hat.

Stimmig

Von solchen kleineren Kritikpunkten abgesehen, lässt sich festhalten, dass der GNOME 3.2.1 Fedora 16 äußerst gut zu Gesicht steht. Der Desktop als Ganzes ist derzeit wesentlich stimmiger als bei Ubuntu, wo man in der aktuellen Version augenscheinlich gröberer Probleme hatte, die Konzepte der GNOME-Basis mit dem eigenen Unity zusammenzuführen.

Problematisches

Freilich hat Fedora so sein eigenes Set an Defiziten aufzuweisen, deren Ursachen vor allem in der Vergangenheit der Distribution zu suchen sind. Wandern doch weiterhin eine Reihe Red-Hat-spezifischer Einstellungstools bei der Installation mit auf die Platte, deren Funktionalität längst eine Duplizierung der GNOME System Settings darstellt. Verschärft wird dies noch dadurch, dass den system-config-*-Tools an allen Ecken und Enden anzumerken ist, dass sich kaum mehr wer ernsthaft darum kümmert. Keines der Tools wurde bislang auf das aktuelle GTK+3 portiert, welches Passwort (NutzerInnen- oder Root-Account) beim Start verlangt wird, scheint Glücksfall zu sein - alles Dinge, die dem sonst mittlerweile recht konsistenten GNOME3 nur all zu auffällig gegenüberstehen. Etwas zweifelhafter Natur ist zudem, dass mit Eekboard eine eigene virtuelle Tastatur mitgeliefert wird - hat doch die GNOME Shell selbst gerade mit der Version 3.2 eine solche Funktion verpasst bekommen.

Bestandteile

Jenseits der bereits erwähnten Neuzugänge ist die Softwareausstattung von Fedora 16 weitgehend mit jener des Vorgängers identisch. Natürlich gibt es aber die gewohnten Updates bei zentralen Anwendung, so ist der Firefox nun in der Version 7.0.1 enthalten, LibreOffice 3.4.3 wird ebenfalls dargeboten. Wie immer darf natürlich auch der Hinweis auf die externen Paketquellen von RPMFusion nicht fehlen. Da sich Fedora ganz und gar auf freie Software konzentriert, bekommt man dort einige nicht so gern gesehene - aber oft unerlässliche - Komponenten wie die proprietären Grafiktreiber gewisser Hersteller oder auch so manches Video- und Audio-Codec.

Virtualisierung

Jenseits des Desktops widmet sich Red Hat aktuell vor allem dem Thema Virtualisierung, mit diversen Zukäufen hat man sich hier in den letzten Jahren ein starkes Standbein verschafft. Mit Fedora 16 gibt es eine neue Version der Desktop-Virtualisierungslösung Spice, die nun USB-Geräte zwischen Gast und Host teilen kann. Der "USB Redirect" auf andere Rechner im Netzwerk ist ebenso möglich wie der Lautstärkenabgleich zwischen realer und virtueller Maschine. 

Die dritte Dimension

3D-Support, wie er etwa - derzeit - für die Desktop-Effekte aktueller Windows-Versionen oder auch die GNOME-Shell benötigt wird, sucht man bei Spice derzeit noch vergebens, immerhin steht dieser aber schon mal auf der TODO-Liste. Trotzdem soll zumindest die GNOME Shell schon mit Fedora 17 in einer KVM laufen, dies dank LLVMpipe und dessen aktuellen Verbesserungen in Sachen Software Rendering.

Lock

Mit dem Virtual Machine Lock Manager soll verhindert werden, dass zwei virtuelle Maschinen - mit potentiell fatalen Konsequenzen - gleichzeitig auf das selbe Disk-Image zugreifen. So etwas konnte bisher vor allem dann auftreten, wenn die selbe VM unabsichtlich zweifach gestartet wurde. Mit einer Reihe von Verbesserungen am grafischen Interface Virt-Manager, lässt sich von außen mehr über eine Gastsystem in Erfahrung bringen bzw. auf dessen Dateisystem zugreifen. Auch wenn sich Red Hat vornehmlich auf KVM als Virtualisierungslösung konzentriert gibt es mit dem DOM0-Support nun auch eine zentrale Verbesserung für die ebenfalls freie Alternative Xen.

Cloud

Wie bei allen anderen aktuellen Linux-Distributionen spielt die Cloud-Unterstützung natürlich auch bei Fedora derzeit eine wichtige Rolle. Mit HekaFS gibt es eine speziell für solcherlei Einsätze optimiert Ausgabe des Dateisystems GlusterFS. Zudem unterstützt man jetzt OpenStack zum Aufbau von Cloud-Infrastrukturen.

Fazit

In Summe erweist sich Fedora 16 "Verne" als ein weiteres wirklich gelungenes Update für die Linux-Distribution. Mit der Aktualisierung auf GNOME 3.2.1 macht man gerade in Sachen Desktop noch mal einen gehörigen Schritt nach vorne, die Oberfläche erweist sich als erfreulich "rund" - hiervon könnte sich selbst das in der Vergangenheit oft in Desktop-Fragen gelobte Ubuntu ein Scheibchen abschneiden. Ein weiterer positiver Punkt: Im Test erwies sich Fedora - mal von den üblichen SELinux-Spärenzchen abgesehen - als erfreulich stabil, was ja bislang auch nicht bei jeder Version der gerne mal zwischen "Cutting" und "Bleeding" "Edge" schwankenden Distribution der Fall war.

All-zu-typisches

Gleichzeitig gelten jedoch weiterhin einige der an früheren Versionen der Softwarezusammenstellung kritisierten Punkte: Das Einrichten eines alltagstauglichen Desktops - samt all der zusätzlichen Treiber und Codecs - ist bei Fedora immer noch ein Stückchen mühsamer als bei Ubuntu, gerade für EinsteigerInnen ist dies eine nicht zu unterschätzende Hürde. Auch die Schriftendarstellung ist von Haus aus weiterhin alles andere als optimal. Angesichts der Ausrichtung von Fedora als Testfeld für Red Hat Enterprise Linux können solche Defizite zwar nicht vollständig überraschen, trotzdem bleibt immer ein gewisses unbefriedigendes "Was wäre, wenn sich Fedora nur mehr um ein paar Details bemühen würde"-Gefühl zurück.

Gelungen

Wer sich von ein paar Extra-Handgriffen nicht abschrecken lässt, der findet in Fedora 16 allerdings eine wirklich hervorragende Distribution, die derzeit sowohl in Fragen Desktop als auch bei Basis-Technologien die Nase ganz vorne hat. Hier macht sich unübersehbar die große Schar von EntwicklerInnen bezahlt, mit der Red Hat an der kontinuierlichen Weiterentwicklung des Linux-Ökosystems arbeitet. (, derStandard.at, 08.11.11)