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Der niederösterreichische Landeshauptmann Erwin Pröll hält Ausschau nach Einnahmen und findet sie im Darlehensverkauf.

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Wien - Nun haben es die Niederösterreicher offiziell gemacht. Das Land unter Erwin Pröll (ÖVP) verkauft erneut eine große Tranche Wohnbaudarlehen. Von diesen Plänen hat der Standard im September berichtet; am Donnerstag hat sie Finanzlandesrat Wolfgang Sobotka (ÖVP) in einem Pressegespräch verkündet.

Konkret geht es um 16.500 Darlehen im Volumen von 928 Mio. Euro, die laut Sobotka einen Erlös von 50 bis 60 Prozent einspielen sollen (die Differenz ergibt sich aus der Abzinsung). Diese rund 500 Millionen Euro werden aber entgegen bisherigen Gebräuchen nicht veranlagt - sondern zur Schuldentilgung verwendet. Notabene: Das Land zahlt 2,5 Prozent Zinsen für seine Schulden. Sobotkas Vorhaben: "Das Land Niederösterreich plant für die nächsten Jahre Budgets, die keine Abgänge aufweisen."

Der Deal dabei: Statt Jahr für Jahr auslaufende Wohnbaukredite ins Budget zurücktröpfeln zu lassen, strömt beim Verkauf der Darlehen sehr schnell sehr viel Geld in die Landeskasse - aber eben nur ein einziges Mal.

Am 17. November soll der Landtag den Plan absegnen, danach startet das internationale Ausschreibungsverfahren für die Banken, die den Verkauf dann abwickeln. Bereits im Jänner soll das Mandat vergeben werden. Die sozialdemokratische Opposition ist skeptisch. Landeshauptmann-Vize Josef Leitner spricht sich dafür aus, den Darlehensnehmern Aktionen zur vorzeitigen Rückzahlung ihrer Kredite (gegen einen Abschlag) anzubieten.

Versilbern mit Erfahrung

Mit dem Versilbern von Wohnbaudarlehen hat das Land Niederösterreich schon länger Erfahrung. 2001 hat es Darlehen um 2,4 Mrd. Euro verkauft, 2007 folgten weitere 840 Mio. Euro. Der Erlös daraus (plus Einnahmen aus diversen Privatisierungen) wurde veranlagt, und zwar durch die landeseigene Vermögensverwaltungsgesellschaft Fibeg. Der Erfolg dieser Veranlagungen ist überschaubar. Insgesamt ist das Familiensilber der Niederösterreicher in vier Fonds veranlagt worden. Die investieren in Aktien, Anleihen und riskantere Finanzprodukte; wobei diese alternativen Investments zuletzt stark zurückgefahren wurden. Der ursprüngliche Kapitalstock betrug 4,4 Milliarden Euro - bis 2010 ist er auf 3,8 Milliarden Euro gesunken. Diese Reduktion liegt nicht zuletzt an den Ausschüttungen ans Land, die zu einem Gutteil aus der Vermögenssubstanz erfolgen.

Die Renditen hielten sich auch 2010 in Grenzen: 3,8 Prozent. Das ist insofern unbefriedigend, als die Veranlagungen pro Jahr zumindest 4,65 Prozent einspielen müssten, damit das Land besser aussteigt, als hätte es die Wohnbaudarlehen einst nicht verkauft.

Nur ein einziges Mal, 2009, haben die Investmentbanker die erforderliche 4,65-Prozent-Grenze überschritten, damals waren es 6,5 Prozent. Per August 2011 und gemäß der Berechnungsmethode des Bundesrechnungshofs habe sich der Gesamtverlust auf 972 Mio. Euro summiert, wie jener Finanzblogger (www.finanzradar. net) errechnet, der die Entwicklungen der Veranlagungen seit langem beobachtet.

Auch die jüngste Vermögensentwicklung ist nicht berauschend ausgefallen. Per Ende Oktober 2010 hatte das landeseigene Portfolio noch einen Wert von 3,817 Mrd. Euro - per Ende September 2011 ist der auf 3,691 Milliarden gesunken, wie der Standard in Erfahrung gebracht hat.

Neues gibt es auch in der landeseigenen Bankengruppe. Hypo-Group-Aufsichtsratschef Herbert Fichta scheidet ja nolens volens aus dem Gremium aus; ihm folgt Hubert Schultes, Chef der NÖ Versicherung AG. Ex-Bankerin Regina Prehofer kommt nun doch nicht an Bord, dafür WU-Professor Engelbert Dockner. Er kennt das Land Niederösterreich gut. Sein Institut für Quantitatives Asset Management (Iquam) hat diverse Gutachten erstellt, etwa rund um Rechnungshofprüfungen. (Renate Graber, DER STANDARD; Print-Ausgabe, 4.11.2011)