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"Wir können die Prüfer nicht vom Mars holen", meint Telekom-Präsident Beyrer auf Fragen zur Unbefangenheit der BDO.

Foto: APA/Hochmuth

Wien - Zahlungen via Hochegger und andere Mittelsmänner an Minister, Parteien, Nationalratsabgeordnete oder Behörden: Die Telekom-Affäre ist mittlerweile nicht nur Gegenstand strafrechtlicher, aktienrechtlicher und politischer Prüfungen, sondern auch ein Fall für die Finanz. Wie dem Standard bestätigt wurde, sind bei einer Großbetriebsprüfung zahlreiche Ungereimtheiten entdeckt worden, die für die Telekom unangenehm werden könnten.

Wenngleich weder Finanz noch Staatsanwaltschaft Informationen zu der Causa preisgeben wollen, dürfte die Stoßrichtung der Ermittlungen klar sein: Alle dubiosen Zahlungen, denen keine Leistung gegenübersteht, werden finanzstrafrechtlich hinterfragt. Es geht im Kern darum, dass Bestechungsgelder und andere dubiose Zahlungsflüsse illegal und somit auch nicht absetzbar sind. Sollte sich der Verdacht erhärten, müsste die Telekom nicht nur die durch "Betriebsausgaben" ersparte Steuer nachzahlen, sondern 200 Prozent des verkürzten Betrags Strafe zahlen. Und: Möglicherweise käme auch das reformierte Finanzstrafgesetz zur Anwendung, das für das neue Delikt des Abgabenbetrugs Haftstrafen von bis zu zehn Jahren vorsieht. Dieser Straftatbestand geht üblicherweise mit Dokumentenfälschung einher, es reicht aber schon die Existenz von Scheingeschäften. Voraussetzung dafür wäre allerdings, dass entsprechende Malversationen Inhalt einer heuer gelegten Steuererklärung sind.

Wie hoch allfällige Strafzahlungen sein könnten und gegen wen in der Causa ermittelt wird, lässt sich derzeit nicht feststellen. Die Staatsanwaltschaft Wien hat "aus kriminaltaktischen Erwägungen" eine Auskunftssperre in Sachen Telekom verhängt. Der Konzern selbst hat laut Angaben einer Sprecherin "keine Kenntnis" von einem Finanzstrafverfahren.

In ihrem Prüfbericht hat Deloitte jedenfalls neun Millionen Euro an dubiosen Zahlungen aufgespürt. Allerdings sind in der Zwischenzeit laufend neue Ungereimtheiten aufgetaucht. Allein an Lobbyist Peter Hochegger sollen zwischen 2000 bis 2010 mehr als 38 Millionen Euro geflossen sein. Parallel zu den Ermittlungen der Justiz und der Finanz läuft auch die Telekom-interne Aufarbeitung des Falls auf Hochtouren.

Der Kontrollausschuss des teilstaatlichen Konzerns hatte vor vier Wochen ein Prüfungsteam der BDO Deutschland beauftragt, die Affäre aufzuarbeiten. TA-Aufsichtsratschef Markus Beyrer bekräftigte am Freitag vor Journalisten, dass sich der Auftrag auf die Bereiche Akquisitionen, Beratertätigkeit und Immobiliendeals konzentrieren soll. Er stellte allerdings klar, dass die Prüfer "auch nach links und rechts schauen" und allen Verdachtsmomenten nachgehen werden.

Die beiden auf Forensik spezialisierten Teamleiter Markus Brinkmann und Stefan Kühn betonten, dass von der BDO Österreich niemand mitarbeite, der in einem "kritischen Verhältnis" zu dem Fall stehe. Davor war moniert worden, dass die Gesellschaft ein Naheverhältnis zur ÖVP habe, die ja in die Causa Telekom verwickelt sein könnte. Auch Beyrer sieht keine Unvereinbarkeiten: "Wir können die Prüfer nicht vom Mars holen." BDO sei aufgrund der forensischen Expertise, der Kostenstruktur und eben der Distanz zur Telekom ausgewählt worden. Die Prüfer sollen ihre Arbeit bis zur Hauptversammlung im Frühjahr abgeschlossen haben. (Andreas Schnauder, DER STANDARD; Print-Ausgabe, 5./6.11.2011)