Solmaz Khorsand hat ihr Studium an der Johns Hopkins University in Washington D.C. absolviert und lebt zurzeit als freie Journalistin in New York.

Foto: Noah Arjomand

Amerika. Als Kind war Amerika für mich ein magischer Ort bevölkert von reichen Verwandten mit denen meine Freunde im Kindergarten angaben. Jedes Mal wenn eine neue Barbiepuppe oder eine neue Disney Video-Kassette das Nachmittagsspiel dominierte, konnte ich mir sicher sein, dass wir einem „Onkel aus Amerika" diese neuen Schätze zu verdanken hatten.

Als Jugendliche verwandelte sich dieses Amerika in ein ominöses Hinterland, in das ehrgeizige Eltern ihre Kinder hinschickten um deren Englischnoten zu verbessern. Oftmals landeten meine Schulkollegen dann in Kleinstädten bei Großfamilien, die sie zur Kirche zerrten und mit Hamburgern vollstopften.

Später dann als Studentin war Amerika in erster Linie Supermacht, deren Politik es zu kritisieren, ja manchmal gar zu verabscheuen galt. Das gehörte zum guten Ton. Mein Vergöttern von amerikanischen Fernsehserien, Filmen und Musik, wurde stillschweigend toleriert. Wenn auch nur in manchen Kreisen.

Ich gehörte nie zu jenen Kindern, Jugendlichen und Studenten, die sich nach Amerika sehnten. Es war mir relativ gleichgültig. Nun bin ich dank meines Studiums hier gelandet, zum ersten Mal und beobachte ein Land, dessen Einwohner in zwölf Monaten ihren Präsidenten wählen werden.

Es ist an der Zeit sich umzusehen, was es auf sich hat mit den großzügigen Onkeln, die längst aufgehört haben Geschenke zu schicken, weil sie mit ihrer Hypothekenzahlung nicht mehr hinterher kommen; den religiösen Gastfamilien, die jeder TV-Debatte der Republikaner entgegenfiebern; und der Supermacht Amerika, die heimgesucht wird von Tausundeiner Angst.

Es ist Zeit mir mein eigenes Bild zu machen von diesem Amerika.