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Ratlosigkeit und Zweckoptimismus dominierten: Griechenlands Evangelos Venizelos ...

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... und Italiens Giuilo Tremonti im Gespräch mit Jean-Claude Juncker (rechts).

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Die Finanzminister der Eurozone stehen unter Zeitdruck, Details zu Maßnahmen zur Stabilisierung der gemeinsamen Währung festzulegen. Die politische Unsicherheit in Rom und Athen macht das unmöglich.

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Dramatischer hätten die Umstände nicht sein können, unter denen die 17 Finanzminister der Eurozone Montagnachmittag in Brüssel zusammenkamen, um über die Umsetzung der Euro-Stabilisierungsmaßnahmen vom EU-Gipfel am 27. Oktober (siehe Wissen) zu beraten.

In Griechenland hatten sich Sozialdemokraten und Konservative noch immer nicht auf die Bildung einer "nationalen Übergangsregierung" geeinigt, obwohl der Rücktritt von Premierminister Giorgos Papandreou seit Sonntag mehrfach angekündigt worden war.

In Rom überschlugen sich die Ereignisse. Die rechte Regierungskoalition verlor durch massenweise Abspaltung von Abgeordneten ihre Mehrheit im Parlament. Aber Premierminister Silvio Berlusconi dementierte wütend einen von engen Vertrauten kolportierten Rücktritt. Damit waren die Hauptfiguren beim Finanzministertreffen - Italiens Giulio Tremonti und sein griechischer Kollege Evangelos Venizelos - de facto nur sehr eingeschränkt handlungsfähig.

Der griechische Minister sorgte kurz für Verwirrung, weil er bei seinem Eintreffen unverdrossen sagte: "Wir haben eine neue Regierung der nationalen Einheit und der nationalen Verantwortung." Dies sei die Bestätigung einer Verpflichtung Athens, das Sanierungsprogramm und den Wiederaufbau des Landes umzusetzen.

Es schien aber ausgeschlossen, dass die Eurominister über die wichtigste anstehende Entscheidung befinden würden - die Freigabe der sechsten Hilfstranche von acht Milliarden Euro aus dem Rettungsfonds, ohne die das Land in wenigen Wochen definitiv zahlungsunfähig wird.

Ein Sprecher von EU-Währungskommissar Olli Rehn sagte dazu, bevor es zur Auszahlung komme, müsse Griechenland "Klarheit über die politische und wirtschaftliche Lage schaffen". Die vereinbarten Spar- und Strukturreformen seien umzusetzen.

Vermutlich deshalb ließ Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker ankündigen, dass die Eurogruppe in zehn Tagen neuerlich zu einem Krisentreffen zusammenkommen wird. Ob der griechische Finanzminister dann noch Venizelos heißt, blieb zunächst offen.

Was Italien betrifft, werden Wirtschafts- und Finanzexperten der Kommission noch diese Woche nach Rom reisen, und die Umsetzung der versprochenen Sanierungsmaßnahmen der Regierung unter die Lupe zu nehmen.

Rettungsfonds reicht nicht

Zentrales Thema sollte also die geplante Verstärkung des Eurorettungsschirms (EFSF) durch finanztechnische Hebelung und die Rekapitalisierung der Banken in Europa sein. Wie berichtet, strebt man an, dass der EFSF damit nicht nur 440 Milliarden Euro an Mitteln zur Eurostabilisierung aufbringen kann, über die er nominell maximal verfügt, sondern bis zu einer Billion Euro. Wie sich beim G-20-Gipfel in Cannes jedoch zeigte, wird dieses Volumen durch eine beim Internationalen Währungsfonds (IWF) eingestellte neue Zweckgesellschaft (für die dann der EFSF als "Teilkaskoversicherung" für Staatsanleihen bürgt) kaum erreichbar sein.

Die Schwellenländer verlangen mehr Sicherheiten. Daher gewinnt der französische Wunsch, die Europäische Zentralbank (EZB) und im Hintergrund die Notenbanken der Euroländer stärker ins Spiel zu bringen, an Boden. Noch am Wochenende hatte die deutsche Regierung glatt dementiert, dass dabei auf die Gold- und Devisenreserven der Notenbanken zurückgegriffen werden soll.

Nun hieß es, der Deal könnte über "Sonderziehungsrechte" (Forderungen) der Notenbanken beim IWF laufen. Beim G-20-Gipfel hatte es geheißen, die Goldreserven stünden dabei als Garantien im Hintergrund. Der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble sagte, dabei sei "einiges verwechselt" worden; mit Goldreserven habe das nichts zu tun.

Ein Sprecher des Finanzministeriums in Wien schloss nicht aus, dass Aktiva der Nationalbank in die Hebelung des EFSF einbezogen werden könnten, aber eben nicht Gold- oder Währungsreserven, sondern Forderungen, die die Notenbank beim IWF habe. Allerdings seien dabei noch viele Fragen offen. (Thomas Mayer aus Brüssel, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 8.11.2011)