Man möchte ja nicht die abgedroschene Metapher vom kreißenden Berg und der Maus bemühen. Aber sie trifft die deutsche Steuerreform doch ganz gut.

Erinnern wir uns kurz an das Wahljahr 2009. Eine siegestrunkene FDP versprach im Wahlkampf Entlastungen in Höhe von 35 Milliarden Euro. Wenig später, im schwarz-gelben Koalitionsvertrag, waren es dann nur noch 24 Milliarden Euro. Jetzt liegen sechs Milliarden Euro im Jackpot.

Selbst bei dieser Summe halten die Lobpreisungen einer Überprüfung nicht stand. Kleine und mittlere Einkommen werde man hauptsächlich entlasten, das sei sozial gerecht, lobt Kanzlerin Angela Merkel. Irgendwie hat sie zu erwähnen vergessen, dass jene mit ganz kleinem Einkommen (die also keine Steuern zahlen) leer ausgehen - und dass eine Erhöhung des Grundfreibetrags natürlich auch immer den oberen Einkommen nützt.

Unerwähnt bleibt zudem, dass die regelmäßige Anhebung des steuerfreien Grundbetrags eine Vorgabe des Bundesverfassungsgerichts ist, um die Inflation abzufangen. Der Steuerkompromiss (nach zwei Jahren!) vereinfacht auch das System nicht, wie es einst versprochen wurde.

Die FDP musste nach Misserfolgen in Serie unbedingt irgendetwas liefern, die Kanzlerin ihrem Volk zeigen, dass sie nicht nur für Banken und Griechen Geld lockermacht. Schwarz-Gelb wollte auch sich selbst entlasten - und führte vor, wie unendlich müde diese Koalition geworden ist. (DER STANDARD Printausgabe, 8.11.2011)