Der Wirkstoff Fumarsäure kann offenbar die Schubrate bei Multipler Sklerose (MS) annähernd halbieren und auch die MS-typischen Schädigungen des Gehirns deutlich reduzieren, so das Ergebnis einer Studie, die auf dem Fachkongress ECTRIMS in Amsterdam für großes Aufsehen sorgte.

"Insbesondere die Kombination aus hoher Wirksamkeit und Sicherheit machen das Medikament zu einer interessanten Behandlungsoption", kommentierte Studienleiter Ralf Gold, Direktor der Neurologischen Universitätsklinik am St. Josef Hospital in Bochum und Vorstandsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Neurologie.

Zulassungsverfahren

Noch ist das erfolgreich getestete Fumarsäure-Präparat "BG-12" nicht für die Behandlung der Multiplen Sklerose zugelassen. Das Vorgängerprodukt Fumaderm wird jedoch seit mehreren Jahren in einigen europäischen Ländern zur Behandlung von Schuppenflechte eingesetzt, was das Verfahren beschleunigen könnte. Dafür sprächen auch die überzeugenden Daten zur Verträglichkeit und Sicherheit von BG-12, die jetzt im Rahmen der DEFINE-Studie vorgestellt werden konnten.

Studie in 28 Ländern

In 28 Ländern hatten an dieser Studie 1.234 Patienten mit schubförmiger MS und leichten bis mittelschweren Behinderungen im Alter zwischen 18 und 55 Jahren teilgenommen. Nach dem Losverfahren erhielten diese Freiwilligen entweder BG-12 oder ein Scheinmedikament.

Nach zwei Jahren hatten Patienten, die BG-12 zweimal täglich einnahmen, 49 Prozent weniger Schübe erlitten, und bei dreimaliger Einnahme der Arznei 50 Prozent weniger als mit dem Scheinmedikament. Die Auswertung zeigte auch einen erheblichen Unterschied beim Anteil der Patienten, bei denen ein Schub beobachtet worden war: Unter BG-12 waren es neun Prozent gewesen, mit dem Scheinmedikament dagegen 15 Prozent.

Nebenwirkungen mild und vorübergehend

Im gesamten Studienzeitraum war es weder zu medikamentenbezogenen Todesfällen oder Krebserkrankungen gekommen, noch wurden vermehrt Infektionen beobachtet, wie dies bei drei anderen neu entwickelten Wirkstoffen gegen MS der Fall war. Lediglich Nebenwirkungen wie Hautrötungen, Durchfall, Übelkeit und Magenschmerzen waren mit BG-12 häufiger aufgetreten als unter Placebo. Diese Beschwerden traten vorwiegend in den ersten 30 Behandlungstagen auf und gingen dann zurück.

"Daraus schließen wir, dass BG-12 eine therapeutische Option für Patienten mit schubförmiger MS sein könnte, mit ordentlicher Wirksamkeit, guter Verträglichkeit und einem exzellenten Sicherheitsprofil", sagt Gold.

Wirkmechanismus noch nicht vollständig geklärt

Der Wirkmechanismus der Arznei ist noch nicht vollständig geklärt, doch scheint diese nicht nur eine dämpfende Wirkung auf die überschießende Immunreaktion bei MS zu haben, sondern auch Nervenzellen zu schützen. Darauf deuten Ergebnisse der Magnetresonanztomographie hin, die einen starken Rückgang der MS-typischen Läsionen im Gehirn belegen. Die Zahl neuer Läsionen verringerte sich bei täglich zweimaliger Gabe von BG-12 um 85 Prozent, die Gesamtzahl sogenannter Gadolinium-verstärkter Läsionen um bis zu 90 Prozent. Darüber hinaus könnte die Einnahme in Form von Pillen erfolgen. (red, derStandard.at)