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Ab und zu lacht Assistent Fritz Schmid im Vorder- und Teamchef Marcel Koller lediglich im Hintergrund.

 

Foto: APA/Schlager

Wien - Für die Menschheit mag es eine Kleinigkeit gewesen sein. Aber der Schweizer Marcel Koller hat am Dienstag erstmals den schwarzen ÖFB-Trainingsanzug angezogen, das war ein persönlicher Brocken, ein äußeres Zeichen, "dass es jetzt losgeht" .

Teamchef Koller hat um die Mittagszeit die im Hotel eintrudelnden Fußballer willkommen geheißen, das verlief unspektakulär, er hat "Grüß Gott" gesagt und jedem einzelnen die Hand geschüttelt. Die Kicker wurden nach der Nahrungsaufnahme von der medizinischen Abteilung übernommen, die zog Blutproben, um Aufschlüsse über den körperlichen Zustand zu erhalten. Am Abend folgte die Begrüßungsansprache, eine Art Verhaltenskodex wird erstellt werden, Bettruhe ist um 23 Uhr. Die erste Trainingseinheit findet heute, Mittwoch, im Happel-Stadion statt.

Worum es Koller zunächst geht? "Wir müssen unsere Ideen vermitteln, die Leute abchecken, eine eigene Identität entwickeln. Aber wir dürfen die Spieler nicht zu sehr mit Informationen vollpacken, sonst wissen sie nicht mehr, wo das Tor steht. Mit der Ukraine beschäftigen wir uns später." Vor dem 15. November, an diesem Tag findet in Lemberg die Partie statt. Koller: "Da werde ich Lampenfieber haben, das gehört dazu."

Dazu gehört auch Fritz Schmid. Er ist Kollers erster Assistent, der zweite ist Thomas Janeschitz, das ist keine hierarchische Wertung. Schmid ist Schweizer seit 52 Jahren, ein Bürger von Glarus. Weshalb ihn Koller ausgesucht hat? "Ich schätze ihn als Person, er ist äußerst kompetent, verfolgt eine klare Linie. Wir führten immer schon gute Gespräche über Fußball, Gott und die Welt."

Schmid bedauert, "dass ein Tag nur 24 Stunden hat. Ich komme mit großer Spannung und großer Freude zur Mannschaft. Bei all meinen Erfahrungen ist das eine neue Herausforderung." Schmid ist tatsächlich erfahren, sein Lebenslauf füllt ein dickes Buch. Eines hat er unlängst geschrieben, der Titel lautet: "Vom Sager zum Frager, über Chaos und Selbstorganisation im Fußball."

Der Redaktor

Sportwissenschafter Schmid spricht vier Sprachen, Schwyzerdütsch exklusive. Zuletzt war er Assistenzcoach in Basel, Fifa und Uefa setzen ihn weltweit zur Trainerausbildung ein. Von 1989 bis 1995 jobbte Schmid als Redakteur (Schweizer sagen Redaktor) bei der Agentur Sportinformation Zürich, Spezialgebiet Fußball. "Als Journalist lernte ich die Mechanismen der anderen Seite kennen." Schmid sieht sich nicht "als den klassischen zweiten Mann. Ich weiß, wann ich Führung übernehmen und wann ich mich im Team einbringen muss."

Der Fußball habe sich gewandelt. "Den ersten Mann, der alles schmeißt, gibt es kaum. Früher war der Trainer ein Alleinbestimmer, der den Betrieb aufrechterhalten hat. Heute ist er nicht mehr nur Trainingsleiter, sondern hat Menschen zu führen, ein ganzes Projekt zu steuern. Das schafft er nur mit einem Stab, mit Spezialisten." Schmid hat sich Gedanken über die künftige Spielweise der österreichischen Nationalmannschaft gemacht. "Sie soll das Geschehen aktiv bestimmen, zuversichtlichen, selbstbewussten Fußball praktizieren. Das geht auch gegen Deutschland." Gibt es den perfekten Fußballer? "Nein. Es gibt nur welche, die Situationen perfekt lösen. Aber jetzt stecken wir in der Philosophie."

Koller steckt im Trainingsanzug. Er stellt sich David Alaba im zentralen Mittelfeld vor und Marko Arnautovic im Sturm. "Wo sonst? Das alles und viel mehr erfahren zunächst die Spieler." (Christian Hackl, DER STANDARD-Printausgabe 9.11 2011)