Schnittig wie ein Schiffskiel: das Schifffahrts- und Welterbezentrum in Krems von Najjar & Najjar.

(Foto: Manfred Seidl)

Foto: Manfred Seidl

Wien - Wenn Architekten anfangen, Yachten zu designen, haben sie in der Regel schon alles andere gebaut und gönnen sich nach der Pflicht die Kür des Entwerfens für einen Bekanntenkreis aus Scheichs und Microsoft-Bossen, in dem der Rotstift keine Rolle spielt. Ganz anders das 1999 gegründete Wiener Büro Najjar & Najjar: Für die Brüder Rames und Karim Najjar sind die schlanken Schiffe der Anfang.

Ihr erstes großes Projekt, der 2002 fertiggestellte schlauchförmige Neubau der Forschungsabteilung für Semperit in Wimpassing, zeigte mit seiner glatten, windschnittig modellierten Metallhaut schon den Weg auf. "Für die Konstruktion der doppelschaligen Wände und die Linien und Übergänge der Fassade haben wir auf das Know-how und den hohen Designanspruch des Bootsbaus zurückgegriffen" , sagt Rames Najjar. Seitdem entwickelt man mit Schiffsbauingenieuren Yacht-Prototypen fürs Wasser und baut mit gleicher Freude am präzisen Detail an Land.

Eine perfekte Aufgabe für das Büro war daher das Welterbe- und Schifffahrtszentrum am Kremser Donauufer, das im September eröffnet wurde. Ein 80 Meter langer Stahlträger bildet ein neues Tor zu Stadt und Fluss und wirkt dabei durch seine scharfkantige Hülle leicht. Ist das Architektur, Design oder designte Architektur? "Im Deutschen klingt der Begriff Design immer etwas frivol, wenn Architekten ihn benutzen. Aber für uns ist daran nichts Überflüssiges" , erklärt Rames Najjar.

Denn hinter den glatten Flächen steht das Prinzip des Forschens und Erfindens. Das zeigen die Studien von kleinen, fast fragilen Raumobjekten, "Kinetics" genannt, die Najjar & Najjar neben dem Bauen anfertigen. "Diese Experimente sind Statements über das, was wir architektonisch für richtig halten. Wie Räume, die sich von innen durch Bewegung oder von außen durch die Kräfte der Natur permanent verändern."

Verändert hat sich auch das Büro: Seit 2009 gibt es eine Filiale in Beirut, die ersten Bauten in Nahost sind schon im Entstehen. Und ein Yachthafen ist, für alle Fälle, auch vorhanden.  (Maik Novotny, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 9.11.2011)