Eine Billion Euro dringend gesucht! - Damit zahlungsschwachen Mitgliedern der Währungsunion auch in den kommenden Monaten mit Krediten ausgeholfen werden kann. So lautet die Aufgabenstellung der siebzehn Finanzminister der Eurozone nach dem Dienstag in Brüssel zu Ende gegangenen Ratstreffen.

Außer auf Absichtserklärungen und das Ziel, man wolle die beim EU-Gipfel am 27. Oktober beschlossene Verstärkung des Eurorettungsschirms (EFSF) nun bis Dezember in allen Details abschließen, konnten sie sich auf keine wesentlichen Elemente bei der Finanzierung dieser "Brandschutzmauer" einigen.

Der EFSF kann real maximal 440 Milliarden Euro aufbringen, um Eurostaaten oder Banken zu stützen. Die Länder haften dafür mit Garantien von 780 Mrd. Euro. Rund 200 Mrd. Euro sind durch Hilfsprogramme für Irland, Portugal und Griechenland bereits verplant, sodass nur etwa 250 Mrd. für die nächsten Rettungsaktionen zur Verfügung stünden. Nach der Eskalation der Lage in Italien dürfte das aber nicht mehr ausreichen. Den Euroministern läuft die Zeit davon, das Absicherungsvolumen auf bis zu einer Billion Euro auszuweiten, wie die Staats- und Regierungschefs aufgetragen haben. Durch stark gestiegene Risikoprämien liegen italienische Anleihen auf Rekordniveau von 6,71 Prozent, ein Wert, ab dem Griechenland 2010 begann, um Eurohilfen anzusuchen. Für Währungskommissar Olli Rehn "sehr besorgniserregend" .

Technisch soll das vier- bis fünffache Ausleihevolumen erreicht werden, indem man EFSF-Gelder finanztechnisch "hebelt" : sei es, dass der Fonds als Teilkaskoversicherung agiert, die Investoren einen Teil (20 bis 30 Prozent) des Ausfallrisikos von Euroschuldnern abnimmt; oder indem der EFSF im Internationalen Währungsfonds (IWF) tätig wird; gemeinsam mit IWF und Schwellenländern einen riesigen Anlagefonds schafft. Darüber - und über die Heranziehung von Reserven der Europäischen Notenbanken - war beim G-20-Treffen in Cannes verhandelt worden. Hintergrund ist, dass die Brics-Staaten (Brasilien, Russland, Indien, China, Südafrika) nicht bereit sind, ohne weitere Sicherheiten mit ins Rettungsboot zu steigen.

Aber die deutsche Bundesbank legte ein Veto gegen Einbeziehung von Reserven ein - seien das Gold, Devisen oder Forderungen beim IWF ("Sonderziehungsrechte" ). Die deutsche Regierung blies zum Rückzug. Die Beteiligung der Notenbanken sei "überhaupt kein Thema" gewesen, so Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker.

Investoren skeptisch

Damit ist weiter offen, wie die Mittel zum Ausbau der Eurohilfe beim IWF aufgebracht werden sollen. IWF-Chefin Christine Lagarde appellierte nach Gesprächen mit der russischen Führung an ihre Ex-Kollegen in der Eurozone, beim EFSF für Klarheit zu sorgen. Bei den großen Investoren fehle es an Vertrauen. Sie bevorzugten, ihre Mittel via IWF zu investieren, weil Richtlinien wie auch die operative Ausgestaltung des EFSF nicht ausreichend geklärt seien.

Finanzministerin Maria Fekter bestätigte Gespräche über möglichen Kapital-"Nachschuss" der Euroländer beim IWF - auch via Garantien durch bestehende SZR oder durch Schaffung neuer SZR. Prinzipiell gelte, dass man in allen Varianten einen Beschluss des Nationalrates brauche. (Thomas Mayer aus Brüssel, DER STANDARD, Printausgabe, 9.11.2011)