Die Hoffnungen auf Russlands erste interplanetare Mission seit 1996 waren groß.

Foto: Roskosmos

Das Archivbild zeigt Ingenieure im Kosmodrom Baikonur in Kasachstan bei Arbeiten an Phobos-Grunt. Die Sonde sollte sich eigentlich auf einem Kurs Richtung Marsmond Phobos befinden, hängt aber nun im Erdorbit fest.

Foto: Russian Roscosmoc space agency

Moskau - Ein weiteres Rettungsmanöver ist fehlgeschlagen - damit wird es immer wahrscheinlicher, dass die russische Raumsonde "Phobos-Grunt" auf die Erde stürzen wird. Die Raumfahrtbehörde Roskosmos in Moskau geht davon aus, dass die 13,5 Tonnen schwere Sonde in den ersten Dezember-Tagen aus der aktuellen Umlaufbahn trudeln könnte - mitsamt einer "Ladung" an radioaktivem Kobalt 57 und giftigem Treibstoff. Die Sonde zu einem kontrollierten Absturz zu bringen, sei nicht möglich.

Zuvor war es auch der Europäischen Weltraumbehörde ESA nicht gelungen, Funkkontakt zu der über der Erde schwebenden rund 120 Millionen Euro teuren Marsmond-Sonde aufzunehmen. "Die Chancen auf Rettung sind nahe Null", sagte ein Roskosmos-Mitarbeiter. Das von einer US-Behörde berechnete mögliche Absturzdatum 26. November sei aber falsch. 

Der Transporter war am Dienstag um 21.16 Uhr vom Kosmodrom Baikonur in Kasachstan gestartet. Die Sonde habe sich später planmäßig von der "Zenit"-Trägerrakete getrennt, hieß es. Dann aber versagten beide Triebwerkszündungen. Techniker vermuten, dass defekte Sensoren ein Anspringen der Triebwerke verhindert haben; auch fehlerhafte Software käme als Ursache in Betracht.

Menschliche Passagiere

Trotz des erneuten Rückschlags für die russische Raumfahrt halte Roskosmos an dem für diesen Montag geplanten Start einer bemannten "Sojus"-Kapsel fest, teilte die Behörde mit. Dann sollen vom Weltraumbahnhof Baikonur - von dem am vergangenen Dienstag auch "Phobos-Grunt" startete - um 5.14 Uhr die Kosmonauten Anton Schkaplerow und Anatoli Iwanischin sowie der US-Astronaut Daniel Burbank zur Internationalen Raumstation ISS aufbrechen.

"Weltraumtouristen" werde Roskosmos vorerst nicht mehr zur ISS mitnehmen, sagte ein Sprecher. "Viele Kosmonauten kündigen, weil sie zehn Jahre auf einen Flug warten und zusehen müssen, wie wir stattdessen Privatleute mitnehmen." Dies wolle sich Roskosmos nicht mehr leisten. In der Vergangenheit hatte Russland für einen mehrtägigen Trip zur ISS 20 Millionen US-Dollar kassiert.

Der russische Präsident Dmitri Medwedew betonte, die Pläne des Riesenreichs für ein Kosmodrom unweit der chinesischen Grenze blieben unverändert. Vom neuen Weltraumbahnhof Wostotschny, den Russland derzeit für mehr als 600 Millionen Euro baut, sollten bereits 2013 erste Raketen ins All starten, sagte der Kremlchef.

Was geplant gewesen wäre

Die Sonde "Phobos-Grunt" sollte im kommenden Jahr Mars und Phobos erreichen und bei Umrundungen Daten zur Erde funken. Außerdem hätte der chinesische Satellit Yinghuo-1 ("Glühwürmchen-1") auf der Mars-Umlaufbahn ausgesetzt werden sollen. Für Anfang 2013 war dann die Landung der Sonde auf Phobos vorgesehen. Im August 2014 sollte schließlich eine Kapsel Bodenproben zur Erde zurückbringen.

Die Forscher erhofften sich von der aufwendigen Mission Erkenntnisse über die Entstehung unseres Sonnensystems. Roskosmos hatte den Start der Messapparatur bereits für 2009 geplant, musste die Mission aber wegen technischer Probleme verschieben.

Am Marsprojekt sind auch österreichische Forscher beteiligt: Das Grazer Institut für Weltraumforschung (IWF) hat in Kooperation mit dem Swedish Institut for Space Physics (IRF) an der Entwicklung von einem der drei Instrumente an Bord von Yinghuo mitgewirkt: Das Plasmainstrument YPP (Yinghuo Plasma Package) kann die Masse von Teilchen bestimmen, die die Atmosphäre eines Planeten verlassen.

Kritiker mahnten vor Start

Bereits vor dem Start hatten Kritiker angemahnt, dass die Technik des Raumfrachters nicht genügend getestet sei. Roskosmos wies dies zurück. Mit dem jetzigen Start wollte die Behörde ausnutzen, dass die Entfernung zu Phobos geringer ist als in den nächsten Jahren. (red/APA)