Berlin - Die Wirtschaftsweisen haben die EZB vor dem Verlust ihrer Glaubwürdigkeit durch ihre Staatsanleihenkäufe für Problemstaaten der Euro-Zone gewarnt. "Die Anleihekäufe setzen die Marktdisziplin außer Kraft, ohne an deren Stelle eine wirksame politische Disziplinierung zu etablieren", mahnten die Wirtschaftswissenschafter in ihrem am Mittwoch vorgelegten Gutachten. Die Grenzen zwischen Geld- und Fiskalpolitik würden "auf ordnungspolitisch äußerst bedenkliche Art verwischt". "Die EZB setzt so ihre Glaubwürdigkeit aufs Spiel, weil sie in den Verdacht einer Monetisierung der Staatsverschuldung gerät", erklärte der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung.

Die Wirtschaftsweisen greifen damit eine Kritik auf, die zuvor bereits die Bundesbank und der scheidende EZB-Chefvolkswirt Jürgen Stark geäußert hatten. Die Europäische Zentralbank (EZB) hat mittlerweile Staatsanleihen von Euro-Schuldenländern wie Griechenland und Italien im Volumen von mehr als 180 Mrd. Euro in der Bilanz. Unter dem neuen EZB-Präsidenten Mario Draghi hat die Zentralbank ihre Käufe zuletzt sogar forciert.

Die Wissenschafter gehen in ihrem Gutachten zugleich davon aus, dass die EZB die Leitzinsen bis zum Ende des Jahres auf 1,0 Prozent kappen und das geldpolitische Niveau im kommenden Jahr konstant halten wird. Die EZB hatte vorige Woche den Schlüsselzins überraschend auf 1,25 Prozent gesenkt und eine Rezession in der Euro-Zone zum Jahresende nicht ausgeschlossen. (APA/Reuters)