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Thomas Blimlinger, Bezirksvorsteher von Wien-Neubau, über die Räumung des besetzten Hauses in der Lindengasse: "Meiner Meinung nach hätte es nicht des großen Aufwands bedurft."

Foto: REUTERS/Herwig Prammer

Rund 100 Einsatzkräfte inklusive Wega-Beamte räumten am Dienstag unter großem Aufwand das besetzte Haus in der Lindengasse in Wien-Neubau. Weitere 100 riegelten den siebten Bezirk großräumig ab - mit einer Sperre von der Andreasgasse bis zur Kaiserstraße. Selbst für Bewohner der umliegenden Häuser gab es strenge Kontrollen. Während die Räumung selbst friedlich verlief, kam es im Anschluss daran zu Demonstrationen, in deren Folge vier Personen verhaftet, mittlerweile aber wieder freigelassen, wurden (siehe Bericht).

Für Thomas Blimlinger, Bezirksvorsteher von Wien-Neubau, war der Aufwand nicht gerechtfertigt. Ihm wäre schon im Vorfeld eine Räumung ohne Wega-Beamte lieber gewesen.

derStandard.at: Ein Polizeiaufgebot wie bei einem Wiener Derby, ein Verkehrschaos, frustrierte AnrainerInnen, etc . War dieser Riesenaufwand tatsächlich notwendig und finden Sie ihn gerechtfertigt?

Thomas Blimlinger: Ich habe darüber bereits mit der Polizei gesprochen: Meiner Meinung nach hätte es nicht des großen Aufwands bedurft. Es waren ja nur etwa 25 Leute im Gebäude.

derStandard.at: Von Ihnen war seit Beginn der Besetzung am 14. Oktober kaum eine offizielle Meinung dazu zu hören. Warum haben Sie sich nicht vehementer dafür oder dagegen ausgesprochen?

Thomas Blimlinger: Ich bin sehr für die temporäre Nutzung von Gebäuden, aber ich kann nicht für fremdes Eigentum sprechen. In diesem Fall war es eine eindeutig widerrechtliche Nutzung, weil von Anfang an mit der Buwog vereinbart war, dass das Gebäude abgerissen wird. Die Freifläche, auf der nun ein Wohnhaus und ein Park gebaut werden sollen, ist wichtig für die angrenzende Schule und den Bezirk und der Abriss war bereits lange beschlossene Sache.

derStandard.at: Der siebte Bezirk zählt in Bezug auf Lebensqualität, Innovationsfähigkeit und Nachhaltigkeit zu den fortschrittlichsten. Warum nicht einmal Zwischennutzung in Gebäuden ausprobieren - und wenn es nur für ein paar Wochen ist, aber zumindest offiziell erlaubt?

Thomas Blimlinger: Es gibt mehrere Zwischennutzungen im Bezirk, die sehr gut funktionieren, weil dort die Vorgaben akzeptiert werden, wie lange und in welcher Form das Gebäude genutzt werden kann. Freiräume sind immer wichtig, und es ist auch gut, sich dafür einzusetzen, aber in diesem Fall waren die Aktivisten nicht berechtigt, das Haus zu besetzen.

Das Gebäude steht jetzt seit zehn Jahren leer, seit einem Jahr gehört es der Buwog, davor hatte es einen privaten Besitzer, mit dem lange über eine mögliche Nutzung verhandelt wurde. Erst als die Buwog vor kurzem die Fenster mit Brettern vernagelte, war das für die Besetzer ein Zeichen, hineinzugehen. Die Buwog hat meiner Meinung nach sehr fair gehandelt. Zu Beginn hatte es auch den Anschein, als ob man mit den Besetzern reden könnte, aber dann hat sich die Gruppe der Manifestanten in zwei Lager gespalten.

derStandard.at: Gibt es Überlegungen, den AktivistInnen eine Ersatzfläche für deren Zwecke anzubieten?

Thomas Blimlinger: Derzeit sehe ich im Bezirk keine freien Flächen für die Pläne der Aktivisten. Und es handelt sich dabei ja nicht um Obdachlose. Ich habe noch die Besetzung des Arena-Geländes 1976 miterlebt - die Besetzer im Gebäude in der Lindengasse waren nicht wirklich der harte Kern der Autonomen.
Worüber jetzt nach der Räumung gesprochen wird, ist, ob die Aktivisten ihre persönlichen Dinge wie Fahrräder, die sie im Gebäude zurücklassen mussten, wiederbekommen. Die Bereitschaft seitens der Buwog ist da, aber man muss sehen, wie das machbar ist. (isa/derStandard.at, 8.11.2011)