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BP-Chefökonom Christof Rühl rät angesichts ungebremst steigender CO2-Emissionen, sich mit Folgenvermeidung zu beschäftigen, statt unrealistischen Zielen nachzujagen. Die Energieagentur in Paris ist ebenfalls pessimistisch.

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Wien/London - Der Klimawandel scheint unumkehrbar. Trotz Teilerfolgen beim Einbremsen des CO2-Ausstoßes in der Ersten Welt sei die Entwicklung in vielen Schwellenländern eine gänzlich andere. "Der Temperaturanstieg ist de facto nicht mehr zu stoppen", sagte der Chefökonom des britischen Ölkonzerns BP, Christof Rühl, am Mittwoch in Wien.

Der Schwellenwert von 450 Teilchen pro Million für den CO2-Ausstoß in der Atmosphäre, die den globalen Temperaturanstieg bis 2100 bei zwei Grad begrenzen könnte, sei "weit, weit weg". Statt die Augen zu verschließen, sollte überlegt werden, wie den Folgen der Klimaerwärmung wie Überschwemmungen oder Missernten begegnet werden könne.

In einer Modellberechnung haben die BP-Ökonomen versucht, die Folgen ambitionierter Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels darzustellen. Dabei wird unter anderem unterstellt, dass für CO2-Emissionen möglichst breit, also nicht nur in Europa, Preise festgelegt werden.

In diesem Fall würden die weltweiten Emissionen nach 2020 ihren Höhepunkt erreichen und bis 2030 um 14 Prozent unter dem Referenzszenario zu liegen kommen. Das wäre aber immer noch um 21 Prozent über dem Niveau von 2005. Völlig aus der Welt sei angesichts gegenläufiger Entwicklungen beim Energieverbrauch hingegen das "450-Szenario".

Vor einem unumkehrbaren Klimawandel hat am Mittwoch auch die Internationale Energieagentur (IEA) gewarnt, der energiepolitische Thinktank der Industrieländer mit Sitz in Paris. Um dem Trend entgegenzuwirken, müssten die Regierungen Subventionen für fossile Brennstoffe abschaffen und Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz vorantreiben, sagte der Chefökonom der Behörde, Faith Birol, bei der Vorstellung des Jahresberichts in London. Die Effizienz habe sich das zweite Jahr in Folge verschlechtert.

BP geht im Energy Outlook 2030 von einem Erstarken der Erdöl exportierenden Länder im Mittleren und Nahen Osten aus, wo auch die meisten Reserven liegen. Der Anteil der Opec an der weltweiten Ölproduktion werde von derzeit knapp 40 Prozent auf rund 47 Prozent steigen. Bis 2030 sei mit einer Zunahme des Ölbedarfs um 16 Mio. Fass (159 Liter) auf 102 Mio. Fass pro Tag zu rechnen. Ein Großteil der zusätzlichen Nachfrage geht den Prognosen zufolge auf das Konto asiatischer Staaten.

Preisschätzungen wollte BP-Chefvolkswirt Rühl keine abgeben. Erwartbar aber sei, dass die Ölpreise eher auf dem aktuellen Niveau bleiben würden, als deutlich billiger zu werden.

Deutlich besorgter ist die IEA: Auf den Weltmärkten drohe in den nächsten Jahren ein drastischer Anstieg des Ölpreises. "Falls die Investitionssumme zwischen 2011 und 2015 um ein Drittel unter den erforderlichen 100 Mrd. Dollar (72,5 Mrd. Euro) pro Jahr bleiben sollte, könnte auf die Verbraucher auf kurze Sicht ein Preisanstieg auf 150 Dollar je Fass zukommen", heißt es in dem Bericht. (Günther Strobl, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 10.11.2011)