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Das Logo der Atombehörde in Teheran zeigt Präsident Mahmud Ahmadi-Nejad und den ehemaligen Chef der Internationalen Atomenergie-behörde IAEO, Mohamed ElBaradei.

Foto: Reuters/Nikoubazl

Victoria Nuland beließ es fürs Erste bei ein paar nichtssagenden Worten. "Wir brauchen Zeit, um das Papier zu studieren", erklärte die Sprecherin von Außenministerin Hillary Clinton. Am 18. November, wenn das Führungsgremium der Internationalen Atomenergiebehörde IAEO zum nächsten Mal tagt, werde das Thema Iran auf der Agenda ganz oben stehen. "Die Zeit bis dahin nehmen wir uns, um alles gründlich zu prüfen."

Diplomatische Floskeln, die nur eines deutlich machen, nämlich, in welcher Zwickmühle Washington steckt. Noch frisch ist die Erinnerung an die Blamage des Jahres 2003, das Debakel der nie gefundenen irakischen Massenvernichtungswaffen. Was das Weiße Haus folgerichtig tut, ist der Kontrast zum forschen Alleingang George W. Bushs: Koalitionen schmieden, die Verbündeten nicht verprellen, internationalen Konsens anstreben, solange das möglich ist.

"Leading from behind", "von hinten führen", brachte der New Yorker Obamas Taktik bereits vor Monaten auf den Punkt. Inzwischen ist es ein geflügeltes Wort, gleichsam die Kurzformel einer bislang höchstens ansatzweise formulierten Obama-Doktrin. In Libyen, wo die USA den Briten und Franzosen im Konflikt mit Muammar al-Gaddafi den Vortritt ließen, hat sich das Rezept der neuen Bescheidenheit glänzend bewährt. Aber eignet es sich auch im Falle des Iran?

Bombe oder Militärschlag

Erwartungsgemäß sind es die Konservativen, die auf die Frage mit einem Nein antworten und dem Präsidenten Führungsschwäche vorwerfen. Rick Perry, texanischer Gouverneur mit höheren Ambitionen, spricht von nur zwei Optionen, die es im Umgang mit Teheran gebe. Entweder erlaube man einem "Verrückten" wie Mahmud Ahmadi-Nejad den Bau einer Atombombe, "oder aber wir führen einen Nuklearschlag, Verzeihung, einen Militärschlag, um dies zu verhindern".

Obama wiederum konzentriert sich ganz auf Sanktionen, auf "beispiellosen Druck" auf Teheran, wie er es am Rande des G-20-Gipfels in Cannes angekündigt hatte. Im Augenblick richtet sich der Strafkatalog vor allem gegen die paramilitärischen Revolutionsgarden. Folgt man den in der New York Times veröffentlichten Äußerungen anonymer Regierungsbeamter, sollen demnächst auch Geschäftsbanken ins Visier genommen werden, nicht aber die Zentralbank der Islamischen Republik. Vor Sanktionen gegen die Öl- und Gasindustrie schreckt das Weiße Haus einstweilen zurück. Angesichts der wirtschaftlichen Turbulenzen in Europa und Amerika, heißt es, drohten solche Schritte die Weltkonjunktur vollends aus dem Tritt zu bringen.

Frankreich, Großbritannien und Deutschland äußerten sich am Mittwoch offen für neue Sanktionen. Ein klares Nein kam von der Vetomacht Russland: "Dieser Ansatz ist für uns nicht zu akzeptieren", hieß es aus Moskau. (DER STANDARD Printausgabe, 10.11.2011)