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Tormänner können, müssen aber keinen Hieb haben. Robert Almer, Heinz Lindner und Pascal Grünwald (von links) sind "ganz normale Leute", die sich in keine Schublade stecken lassen.

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Otto Konrad ist auf der Suche nach einer Nummer eins mit Konstanz.

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Wien - Der Versuch von Otto Konrad, seine drei Torleute zu einem Eigeninserat zu inspirieren, ist gescheitert. Da wurde erst Heinz Lindner (21), dann Robert Almer (27), dann Pascal Grünwald (29) gefragt, warum ausgerechnet jeweils er am Dienstag in Lemberg gegen die Ukraine den Kasten hüten solle, und dem Trio ist praktisch nichts eingefallen.

Lindner schaute schüchtern drein und Konrad treuherzig an, der neue Tormanntrainer des ÖFB deutete ihm, den Mund weit aufzumachen. Er blieb aber zu. Almer zögerte, erbarmte sich, sagte: "Weil der Trainer die richtige Entscheidung trifft." Er meinte Teamchef Marcel Koller oder Konrad, vielleicht auch beide. Grünwald und Lindner schlossen sich dem vollinhaltlich und erleichtert an.

Konrad wollte dreimal hören: "Weil ich der Beste bin." Insgesamt haben die drei genau drei Länderspiele absolviert, alle Grünwald. Almer sitzt bei der Fortuna Düsseldorf auf der Bank, Grünwald und Lindner raufen bei der Wiener Austria ums Einserleiberl. Zuletzt hatte es Lindner an. Und Konrad steckt im Dilemma. "Für die Austria ist es ein Luxusproblem, für mich ist es ein Wahnsinn." Womit bewiesen wäre, dass sogar der Ball zwei Seiten hat.

"Österreich hat kein Tormannproblem, keine Tormannkrise, sondern ein Tormannthema", sagt der 47-jährige Konrad und weist auf die Vergangenheit hin, ohne selbige zu verklären. "Vor zehn oder 15 Jahren wären hier der Wohlfahrt, der Konsel, vielleicht noch der Lindenberger und auch ich gesessen. Jedem wären zehn Argumente eingefallen."

Da das Leben in erster Linie in der Gegenwart stattfindet, sitzt Konrad in einer anderen Funktion und mit drei anderen Leuten im Happel-Stadion. "Sie sind alle gut und begabt, haben Qualitäten." Außergewöhnliche Tormänner, so ein Klischee, haben einen leichten Hieb, sind Einzelgänger. Grünwald, Almer und Lindner lassen sich in keine Schublade stecken. "Es gibt auch verrückte Verteidiger, Stürmer und Mittelfeldspieler. Wir sind ganz normale Leute."

Vor sechs Wochen hätte Konrad nie gedacht, zum A-Team zu stoßen und Franz Wohlfahrt abzulösen. Er war glücklich mit der U21, versuchte dort, Lindner zu entwickeln. Aber dann hat ihn Koller, natürlich nicht zufällig, getroffen. "Man war sich sofort sympathisch und einig, hat nicht nur über Fußball gesprochen."

Konrad möchte "keine Entscheidung aus dem Bauch heraus" treffen, sondern "Fakten und Erkenntnisse gewinnen, die einen klaren Schluss zulassen". Die Letztverantwortung trage Koller. Der Spartentrainer könnte zu Lindner tendieren. "Aufgrund seiner Jugend. Es geht darum, ob wir eine Lösung für den Moment oder auf Dauer wollen, für beides gibt es Argumente. Ziel ist, dass sich eine klare Nummer eins herauskristallisiert."

Sollte es in Österreich einen Topf geben, der mit Torleuten gefüllt werden möchte, ist dieser seit knapp zehn Jahren ziemlich leer. Der Grazer Konrad, der mit der Salzburger Austria dreimal Meister wurde (1994, 1995, 1997) und in Spanien für Real Saragossa Bälle fing, steckte noch in einem randvollen. Deshalb schaffte er nur ein Dutzend Länderspiele. Gründe für diese Entwicklung? "Die Vereine haben keine Geduld, bauen die Leute nicht selbst auf, schenken dem Nachwuchs wenig Vertrauen. Legionäre sind auf dieser Position noch relativ billig zu haben. Deutschland ist diesbezüglich ein Vorbild."

Die Rechnung

Um die Qualität eines Torwarts zu beurteilen, müsse man eine simple Rechnung aufstellen. "Wie viele Spiele hat er gerettet? Bei wie vielen war er Durchschnitt? Und wie viele hat er verloren? Weil die meisten zu wenige Einsätze haben, ist es schwierig, eine Lösung zu finden." Die mögliche oder unmögliche Einbürgerung des Rieders Thomas Gebauer sei, so Konrad, nur "eine weitere Option".

Grünwald, Almer und Lindner haben angekündigt, "im Training das Beste zu geben". Weil im Topf Platz ist. Und weil sie ganz normale Leute sind. (Christian Hackl, DER STANDARD, Printausgabe, Freitag, 11. November 2011)