Wien - Unterrichtsministerin Claudia Schmied (SPÖ) geht in einer ersten Stellungnahme zum abgelaufenen Bildungsvolksbegehren davon aus, dass eine Mehrheit der Bevölkerung Schulreformen unterstützt, "auch wenn nicht alle das nun persönlich durch ihre Unterschrift zum Ausdruck brachten". Den Initiatoren hat die Ministerin Rosen gegenüber der APA gestreut: "Das Bildungsvolksbegehren hat schon im Vorfeld viel bewegt", sagte sie.
So sei die dadurch ausgelöste bildungspolitische Debatte sowohl bei der Übernahme der Neuen Mittelschule ins Regelschulwesen als auch in der Frage der Ganztagsschule hilfreich. Sie erwartet sich durch die parlamentarische Behandlung der Forderungen aus dem Bildungsvolksbegehren weiteren "Rückenwind bei der Umsetzung der Reformen". Das Volksbegehren leiste einen Betrag dazu, dass "Bildung als ernsthaftes Anliegen jenseits aller Parteipolitik hochprofessionell wahrgenommen" werde.
ÖVP sieht sich bestätigt
Die ÖVP sieht sich nach dem Ende des Bildungsvolksbegehrens in ihrer Position bestätigt: "Das nun vorliegende Endergebnis des Bildungsvolksbegehrens zeigt, dass die Mehrheit in Österreich weder die Gesamtschule noch die verpflichtende Ganztagsschule will", meinte ÖVP-Generalsekretär Hannes Rauch in einer Aussendung. "Die Forderungen des Bildungsvolksbegehrens werden wir sehr ernst nehmen und den Anliegen der Unterstützer im Parlament breitest möglichen Raum bieten", kündigte SPÖ-Klubobmann Josef Cap an.
"Basis für unsere Arbeit ist das gemeinsame Regierungsprogramm und der gemeinsam in der Regierung beschlossene Bildungs-Fahrplan", betonte Rauch. Die Erfolge könnten sich sehen lassen: Die Hauptschulen würden zu Mittelschulen aufgewertet, das Gymnasium bleibe. "Damit ist die Gesamtschule vom Tisch", heißt es in der Aussendung.
Kräuter: "Beachtliches Ergebnis"
Die zahlreichen Unterstützer bestätigten den eingeschlagenen Weg, meinte hingegen Cap. Das Volksbegehren solle in einem eigens eingerichteten Ausschuss behandelt und es solle ein Hearing abgehalten werden, indem alle Betroffenen - Schüler, Eltern- und Lehrervertreter sowie die Initiatoren des Volksbegehren - ihre Positionen darstellen und mit den Abgeordneten diskutieren, erklärte Cap. Auch SPÖ-Bundesgeschäftsführer Günther Kräuter ortete in einer Stellungnahme gegenüber der APA "ein wirklich beachtliches Ergebnis". Die SPÖ garantiere jedem einzelnen Unterzeichner eine breite parlamentarische Behandlung. Neben dem medienöffentlichen Sonderausschuss solle in den nächsten Monaten im Parlament zusätzlich eine Serie von Enqueten, Expertenhearings und hochrangigen Diskussionsforen mit internationaler Beteiligung stattfinden. Zielsetzung aus Sicht der SPÖ sei die Umsetzung der Kernanliegen des Volksbegehrens im Jahr 2012.
Walser: "Klares Signal für eine grundlegende Bildungsreform"
Der Grüne Bildungssprecher Harald Walser ortet ein "klares Signal für eine grundlegende Bildungsreform". "383.820 BürgerInnen haben einen deutlichen Auftrag an das Parlament formuliert", so der Abgeordnete. Man werde "alles daran setzen, dass die Forderungen des Volksbegehrens im Parlament ernsthaft behandelt werden statt das Schicksal vieler bisherigen Volksbegehren zu erleiden, die meist schubladisiert wurden". Dass das Ergebnis nicht noch besser ausgefallen sei, liege neben dem mangelnden Vertrauen der Bevölkerung in eine ernsthafte Behandlung von Volksbegehren "wohl auch an der fehlenden Unterstützung der SPÖ-Spitze um Bundeskanzler Faymann (Werner, Anm.)".
Bucher will "Internet-Volksbegehren"
BZÖ-Chef Josef Bucher zieht aus dem Ergebnis des Volksbegehrens die Konsequenz, dass das Instrument Volksbegehren eine Modernisierung brauche - Bucher wünscht sich die Einführung eines "Internet-Volksbegehrens". Er fordert, dass dieses "Internet-Volksbegehren" ab 100.000 Unterstützern verpflichtend im Parlament behandelt werden soll und es ab 400.000 Unterzeichnern eine verpflichtende Volksabstimmung geben muss. Bucher zeigte sich überzeugt, dass etwa bei der vom BZÖ vorgeschlagenen Regelung das Bildungsvolksbegehren mehr als die jetzigen Unterschriften erreicht hätte und es zu einer Volksabstimmung gekommen wäre.
Schilcher: "Das nehmen die Leute nicht mehr hin"
Dass rund 380.000 Österreicher das Bildungsvolksbegehren unterschrieben haben, ist "ein sehr gutes Ergebnis - besonders angesichts teils massiver Widerstände" aus den Regierungsparteien, hieß es am Donnerstagabend von der Industriellenvereinigung (IV), die die Initiative unterstützt hatte. Das Ergebnis sei nun "ein Auftrag, ja nahezu eine Verpflichtung nicht nur dranzubleiben, sondern den Druck auf die Regierung mit kompetenter Sacharbeit noch zu erhöhen", wie IV-Bildungsexperte Gerhard Riemer betonte.
Volksbegehren-Mitinitiator und VP-Bildungsexperte Bernd Schilcher zeigte sich ebenfalls erfreut. "Das ist das beste Bildungsvolksbegehren, das wir je hatten", und das, obwohl nicht eine so simple Frage gestellt worden sei wie jene nach der Abschaffung des 13. Schuljahrs. "Wenn auf die Frage 'Wollen sie ein gänzlich neues Schulsystem?' so viele Menschen 'Ja' antworten, halte ich das für einen Erfolg." Die Regierung bekomme das Thema Bildung nun nicht mehr weg, betonte Schilcher. Wenn die Regierung nun auf die Idee käme, keinen Bildungsgipfel zu machen und "ein Begräbnis erster Klasse zu machen, kriegt sich das bei der nächsten Wahl mit solcher Sicherheit am Schädel. Das nehmen die Leute nicht mehr hin."(APA)