Dass "Österreich"-Herausgeber Wolfgang Fellner den "Kurier"-Chefredakteur Wolfgang Brandstätter in seiner Zeitung als "journalistischen Bettnässer" bezeichnet hat, hat für den "Österreich"-Herausgeber vorerst keine straf- und medienrechtlichen Folgen. Brandstätter ist am Freitag im Wiener Straflandesgericht mit einer Klage wegen Beleidigung abgeblitzt, in der er auch eine Entschädigung nach dem Mediengesetz geltend gemacht hatte.

Während Brandstätters Rechtsvertreter Stephan Ruggenthaler betonte, mit der inkriminierten Passage wären "die Grenzen der zulässigen Kritik meilenweit überschritten worden", sprach Richter Herwig Handsur den zur Verhandlung nicht erschienenen Fellner frei.

Für sich genommen komme der Ausdruck zweifellos einer Beleidigung gleich, doch dürfe dieser nicht für sich allein, sondern müsse "in einer Zusammenschau" betrachtet werden. Insofern liege "kein loses Schimpfwort" vor, sondern eine Kritik, in der laut Handsur "ein Tatsachensubstrat zu erkennen ist". Er sei der Meinung, dass diese Form der Kritik noch rechtlich gedeckt sei, stellte der Richter fest.

Ruggenthaler legte dagegen umgehend volle Berufung ein. Brandstätter, der als Privatankläger persönlich anwesend, aber vom Richter nicht vernommen worden war, nahm den nicht rechtskräftigen Freispruch für seinen Kontrahenten kommentarlos zur Kenntnis.

Ausgangspunkt des Rechtsstreits war ein 55 Sekunden langer Clip, den Brandstätter am 22. Juli auf der Video-Plattform Youtube platzierte. Darin ging er mit der "Österreich"-Berichterstattung über den EU-Krisengipfel in Brüssel ins Gericht: "Österreich" schreibe, Bundeskanzler Werner Faymann habe den Gipfel gerettet. "Das glauben Sie nicht, ich glaube es auch nicht, auch der Herr Fellner glaubt es nicht. Aber er schreibt es," hielt Brandstätter fest.

"Vorne Lob für den Kanzler, hinten Geld für die Zeitung. Noch Fragen?"

Brandstätter brachte das unmittelbar in Zusammenhang mit einem Inserat des Bundeskanzleramts, das in der betreffenden "Österreich"-Ausgabe wenige Seiten nach dem Lob für Faymann abgedruckt wurde. Dazu der wörtliche Kommentar des "Kurier"-Chefredakteurs: "Und so sehen wir, wie die österreichische Medienlandschaft funktioniert: Vorne Lob für den Kanzler, hinten Geld für die Zeitung. Noch Fragen?"

Die Antwort Fellners ließ nicht lange auf sich warten. Er konstatierte am 31. Juli, in der Medien-Szene wären "derzeit die journalistischen Bettnässer unterwegs". Und weiter: "Weil ihnen aufgrund des großen Erfolgs von 'Österreich' und des Gratisblättchens 'Heute' die Leser davonlaufen, pinkeln die offenbar verzweifelten Chefredakteure von 'Kurier' und einiger Bundesländer-Blätter die eigene Branche an." Dem Vorwurf, man könne sich bei "Österreich" mittels Inseraten eine freundliche Berichterstattung "kaufen", bescheinigte Fellner "Kindergarten-Niveau".

"Zulässige Reaktion"

Für Lisa Knapp (Kanzlei Zöchbauer), die Rechtsvertreterin des "Österreich"-Herausgebers, handelte es sich dabei um eine "zulässige Reaktion auf die Angriffe des Privatanklägers", wie sie nun im Grauen Haus zu bedenken gab. Dieser "pinkle" tatsächlich regelmäßig die Konkurrenz an, habe Fellner etwa auf der Kommunikationsplattform Twitter einen "Lügner" genannt. Für den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) wäre die Bezeichnung "journalistischer Bettnässer" daher mit Sicherheit rechtlich unbedenklich, betonte Knapp.

Demgegenüber stellte sie für Brandstätters Anwalt eine Ungeheuerlichkeit und "gezielte Beleidigung" dar. Fellner habe "in dieses eine Wort alles hineingepackt, was einen anderen kränkt. Bettnässen ist schon bei Kindern etwas sehr Betrübliches. Die leiden darunter, die Kameraden lachen sie aus", meinte Ruggenthaler. (APA)