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Nadia Comaneci, heute hochdekoriert, einst perfekt.

Foto: Reuters/Cristel

Oklahoma City/Wien - Am 18. Juli 1976 schrieb eine 14-jährige Rumänin bei den Olympischen Spielen zu Montreal Sportgeschichte. Nadia Comaneci turnte am Stufenbarren zu perfekt für die Programmierung der Anzeigetafel. 1,00 war auf der zu lesen, die Wertungsrichter hatten auf die Idealnote 10,0 entschieden - erstmals für eine Übung an diesem Gerät.

Comaneci, ein Kind der ungarischen Minderheit, wurde quasi über (die europäische) Nacht zum Weltstar und Aushängeschild des Regimes von Diktator Nicolae Ceausescu. Sie gewann in Montreal und vier Jahre später in Moskau insgesamt fünfmal olympisches Gold und gilt noch heute, da sie ihren 50. Geburtstag am Samstag feiert, als die berühmteste Kunstturnerin aller bisherigen Zeiten.

Über den Preis des Ruhms wurde schon damals gemunkelt. Etwa über einen versuchten Suizid, der ihr zwei Tage im Krankenhaus beschert habe, während derer sie wenigstens nicht dem Drill von Bela Karolyi ausgeliefert gewesen sei. Freilich hat Comaneci ihren berüchtigten Trainer, der sieben Jahre vor ihr in die USA geflohen war, stets gegen Misshandlungsvorwürfe anderer Turnerinnen verteidigt. Karolyis Abgang hatte Comaneci auch 1981 bewogen, ihre Karriere zu beenden.

Danach sei ihr die Ausreise aus Rumänien verboten gewesen, sei sie von der Staatssicherheit überwacht worden. Ihre Emigration wenige Wochen vor Ceausescus Sturz beschreibt sie als abenteuerliche Flucht. Gerüchte, sie habe ein erzwungenes oder auch aus Opportunismus freiwilliges Verhältnis mit dessen Sohn Nicu gehabt, bezeichnete sie als Lüge erpresserischer Fluchthelfer.

"Es ist so unglaublich viel an mir vorbeigerauscht, dass ich das gar nicht alles festhalten und als Erinnerung bewahren konnte", sagt Comaneci heute, da sie seit 15 Jahren mit dem Barren-Olympiasieger Bart Conner verheiratet ist und mit ihm in Norman bei Oklahoma City ein profitables Fitness-imperium leitet. Erst vor fünf Jahren wurde Comaneci, in der die schüchterne Sportlerin nicht mehr zu erkennen ist, Mutter. Dylan Paul turnt bereits und könnte es mit der mütterlichen Maxime weit bringen: "Erfolg kommt nicht von allein und liegt auch nicht einfach so beim Abendessen auf dem Teller." (sid, lü - DER STANDARD-Printausgabe 12.11. 2011)