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Interne Umfragen zeigten: Die Mitarbeiter fühlen sich wohl bei der Arbeit, heißt es bei H&M.

Foto: AP/Bieri

Wien - H&M sieht sich in bestem Einvernehmen mit den Mitarbeitern. Die Leute fühlten sich wohl bei ihrer Arbeit, erzählt eine Sprecherin der Textilkette, das zeigten interne Umfragen. Einen Betriebsrat gebe es, und man halte sich an alle gesetzlichen Bestimmungen.

Hinter den Kulissen sieht es anders aus. Die Büroangestellten der Filialen verdienen durchwegs zu wenig, erfuhr der Standard. H&M stufe sie in einer zu niedrigen Gehaltsgruppe ein, bestätigt Gewerkschafterin Barbara Teiber, das verstoße klar gegen die Regeln. Künftig werde man im Handel noch genauer prüfen, ob nicht Mitarbeiter im großen Stil falsch eingeordnet würden. Es geht dabei um monatliche Beträge von bis zu 150 Euro brutto ab fünf Dienstjahren - halb so viel ist es bei Teilzeitarbeit.

H&M ist nun dabei, den Fehler zu korrigieren und die administrative Arbeit höher abzugelten. Das Anforderungsprofil an Mitarbeiter in den Büros habe sich geändert, lässt der Konzern wissen. "Es wurde eine Anpassung der Stufe im Kollektivvertrag beschlossen und befindet sich in Umsetzung."

Auf stur schalten die Schweden in Österreich bei ihren Kassajobs. Diese gibt es nämlich offiziell gar nicht. Wie berichtet ordnete die Kette an, die Leute nicht mehr länger als die Hälfte der Vertragszeit an der Kasse zu beschäftigen, zwei Monate beträgt jeweils der Durchrechnungszeitraum. Hintergrund: Wer kassiert, muss auch mehr verdienen - der Gerichtshof fällte da-zu ein richtungsweisendes Urteil. Bis auf H&M setzten es auch fast alle Händler um. H&M rechtfertigt die Anleitung zur Umgehung mit der Vermeidung von "Eintönigkeit am Arbeitsplatz" . Mitarbeiter sollten in "unterschiedlichsten Bereichen Erfahrung sammeln" .

Mit Hochdruck wird an einem Tool gearbeitet, das leicht ersichtlich macht, wie viel Zeit jeder an der Kassa verbringt, heißt es in einem Fax an das Managementteam der Filialen. Dieses soll dem Vernehmen nach künftig nur noch die aktiv am Kassencomputer gearbeitete Zeit zählen. Nicht eingerechnet würden etwa Entsichern, Zusammenlegen und Einpacken der Ware. Die Kassa logge sich aus. Auch wer den ganzen Tag dort stehe, erreiche nie die 50-Prozent-Schwelle der Kassiertätigkeit. Diese ist aus Sicht der Wirtschaftskammer Richtschnur für die höhere Lohnstufe. H&M weist das zurück: Mit einem Tool in Testphase versuche man Richtgrößen zu ermitteln, ob Vorgaben gelebt werden. Entsichern, Einpacken, Kundenservice und Co. zählten dabei aber sehr wohl als Kassentätigkeit.

"Gefundenes Fressen"

In der Branche löst der Umgang der schwedischen Kette mit dem Thema Kassa Kopfschütteln aus. Die höhere Lohnstufe falle finanziell kaum ins Gewicht. Ab einer gewissen Umsatzgröße rechneten sich eigene Kassakräfte ohnehin, sagt ein Mitbewerber. H&M agiere ungeschickt, mache sich zu einem Fressen für die Gewerkschaft.

Der Lebensmittelhandel hat seine Kassakräfte seit jeher richtig eingestuft. Die Arbeit an der Kasse sei nicht irgendein Job, heißt es etwa bei Spar, Kassierer seien die Visitkarte eines Unternehmens.

H&M beschäftigt in Österreich an 67 Standorten knapp 2600 Mitarbeiter. Der Umsatz sank im dritten Quartal um elf Prozent, der Gewinn international um 15 Prozent. (Verena Kainrath, DER STANDARD; Print-Ausgabe, 12./13.11.2011)