Wäre sein neuer Job eine echte Herausforderung, etwas Neues, das Wilhelm Haberzettl nach einer fast sein ganzes Berufsleben währenden Karriere als Arbeitnehmervertreter und Gewerkschaftsfunktionär reizt, würde er sämtliche Nebenjobs an den Nagel hängen. Da der Multifunktionär im Stadium Abeundi aber sein SPÖ-Nationalratsmandat behält, darf davon ausgegangen werden, dass der Chefsessel in der Eisenbahner-Wohnbaugenossenschaft WBG eine Nebenbeschäftigung ist, ein finanziell wohlgepolstertes Ausgedinge noch dazu.

Auch wenn die Rochade im Mutterland des koalitionären Postenschachers kaum jemanden wirklich aufregt (am wenigsten natürlich die Genossen Multifunktionäre in Partei und Gewerkschaft), einen Schönheitspreis gewinnt der stets gegen Miss- und Günstlingswirtschaft in der Bahnführung polternde Haberzettl damit nicht.

Im Gegenteil. Misstrauen ist angesagt. Denn der überraschende Rückzug von der Spitze von ÖBB-Arbeitnehmervertretung und Gewerkschaft gleicht eher einem Absprung aus dem fahrenden Zug denn einer geordneten Hofübergabe. Charismatische Führungsfiguren, die den Deckel auf dem Topf widerstrebender Interessen der mehr als 40.000 ÖBB-Bediensteten halten können, wurden verscheucht statt gefördert. Reißen jüngere Eisenbahner das Steuer in der von (Früh-)Pensionisten dominierten Bahngewerkschaft nicht herum, landet der Karren auf dem Abstellgleis. (DER STANDARD, Printausgabe, 14.11.2011)