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Al Jazeera, hier zu sehen in Doha, startete am Freitag am Balkan.

Foto: Reuters/Al Assad

Eine zweisprachige Schule in Mazedonien als Modell für erfolgreiche Integration, die albanische und mazedonische Kinder zusammenbringt. Wie Kultur und Sport die geteilte Bevölkerung Mostars einen. Wie Kroatiens Bürger über den Beitritt zur EU denken: Mit diesen Themen ging Freitag Al Jazeera Balkan on air, programmatisch für die Ausrichtung des Nachrichtensenders.

Aus seinem Studio in Sarajevo sendet Al Jazeera Balkan über Kabel und Satellit nach Slowenien, Kroatien, Serbien, Montenegro, Kosovo und Mazedonien, Korrespondentenbüros hat der Kanal in Zagreb, Belgrad und Skopje. Vorerst sendet er sechs Stunden täglich, 24 Stunden sind geplant.

Die Journalisten des Senders wurden über Monate in zahlreichen Seminaren in Sarajevo und beim Muttersender in Doha geschult. Journalistische Ethik und objektive Berichterstattung werden hier großgeschrieben. In der Medienpraxis des Balkans haben sie bisher Seltenheitswert.

Wie Al Jazeera will der Nachrichtenkanal für den Balkan Themen aus verschiedenen Blickwinkeln präsentieren, statt einseitige Sichtweisen, Ideologien oder Parteien zu vertreten. Gerade die Medien auf dem Balkan sind immer wieder stark anfällig für politische Einflussnahme. Dies zeigt sich unter anderem in Bosnien und Herzegowina. Dnevni Avaz, die auflagenstärkste Tageszeitung des Landes des montenegrinischen Medien-Moguls Fahrudin Radonèiæ, verkommt zum Sprachrohr der von ihm unlängst gegründeten SBB-Partei. Lange Zeit genoss Radonèiæ aber die Gunst des verstorbenen bosnischen Präsidenten Alija Izetbegoviæ und der Partei SDA, denen er seinen medialen Aufstieg zu verdanken hat. Der Hintergrund lag nahe: Die Bosniaken brauchten in Kriegszeiten ein eigenes Medium.

Politmillionen für Medien

Der öffentlich-rechtliche Fernsehkanal FTV wird dominiert von der Sozialdemokratischen Partei Bosnien und Herzegowinas. Das private TV1, ein Ableger der Partei für Bosnien und Herzegowina, von der Partei von Haris Silajdziæ. In der Republika Srpska, einer Teilentität Bosnien und Herzegowinas, schreitet der Gleichschaltungsprozess der Medien voran. Zu verantworten hat dies Milorad Dodik, der Präsident der Republika Srpska (RS), der jedes Jahr 2,5 Millionen Euro an alle Medien - sowohl Printmedien als auch elektronische Medien - verschenkt, die in der RS ansässig sind. Getreu dem Motto "Wes' Brot ich ess, des' Lied ich sing" wird dann auch berichtet.

Unparteiisches Fernsehen, das weder von der nationalen Politik noch vom Staatshaushalt abhängt, tut auch auf dem Balkan not. (Erdin Kaduniæ aus Sarajevo/DER STANDARD; Printausgabe, 14.11.2011)