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Zehntausende Anhänger des Assad-Regimes protestieren in Damaskus gegen die Entscheidung der Arabischen Liga.

Foto: Muzaffar Salman/AP/dapd

Damaskus - Als Reaktion auf die Suspendierung der Mitgliedschaft Syriens in der Arabischen Liga demonstrierten zehntausende Anhänger des Assad-Regimes am Sonntag in Damaskus. Assad-Getreue griffen auch die Botschaften von Saudi-Arabien, Katar und der Türkei an. Die türkische Regierung begann mit der Evakuierung von Staatsbürgern. Die USA, Großbritannien, Deutschland und die Uno begrüßten hingegen den Schritt der Arabischen Liga.

Die Gewalt gegen Regime-Gegner ging weiter. Aktivisten zufolge erschossen Sicherheitskräfte in Hama am Sonntag vier Menschen, weil sie Parolen gegen Assad riefen.

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Die Antwort des Regimes von Bashar al-Assad fiel harsch aus, nachdem die Arabische Liga beschlossen hat Syriens Mitgliedschaft am Mittwoch zu suspendieren und Sanktionen zu verhängen, sollte bis dann kein Ende der Gewalt abzusehen sein. Zehntausende Regime-Anhänger gingen am Sonntag in Damaskus auf die Straße. Die diplomatischen Missionen von Saudi-Arabien und Katar und die Konsulate von Frankreich und der Türkei wurden von wütenden Demonstranten angegriffen und Fensterscheiben eingeschlagen. Syrien verlangt einen Krisengipfel der Arabischen Liga (AL).

Die AL hatte sich am Samstag zu der überraschend dezidierten Deklaration durchgerungen, die neben Syrien nur noch vom Libanon und Jemen abgelehnt wurde, während sich der Irak der Stimme enthalten hatte. Die arabischen Länder wurden aufgefordert, ihre Botschafter abzuziehen. Mit den Vereinten Nationen werden Maßnahmen zum Schutz der Zivilbevölkerung koordiniert. Wie AL-Generalsekretär Nabil al-Arabi betonte, sei diese Zusammenarbeit aber vorerst auf die Durchsetzung von Menschenrechten beschränkt; man wolle eine arabische Lösung.

Die syrische Armee wird angehalten, sich herauszuhalten, was einer Aufforderung zur Befehlsverweigerung gleichkommt. Die AL lädt zudem die gesamte syrische Opposition dieser Tage nach Kairo ein, um eine gemeinsamen Vision für die Übergangsperiode auszuarbeiten. Der Syrische Nationalrat, die wichtigste Gruppierung der Opposition, bezeichnete die AL-Beschlüsse als Schritt in die richtige Richtung. Die Beschlüsse wurden auch von westlichen Regierung begrüßt.

Die EU-Außenminister wollen heute, Montag, in Brüssel eine weitere Sanktionsrunde beschließen. Die Strafmaßnahmen sollten Reisebeschränkungen für syrische Vertreter sowie Finanzsanktionen umfassen. Die Türkei kündigte den Abzug der Angehörigen ihrer Diplomaten an.

Wieder mehr als 250 Tote

Seit Damaskus der AL-Friedensinitiative vor elf Tagen zugestimmt hat, sind erneut über 250 Menschen getötet worden. Am Wochenende gab es mehr als 20 Tote. Aktivisten zufolge erschossen Sicherheitskräfte in der Stadt Hama am Sonntag vier Menschen, weil sie auf einer Kundgebung Parolen gegen Assad riefen.

Die Suspendierung sei ein schmerzhafter Entscheid gewesen, räumte der Außenminister von Katar, Scheich Hamad bin Jassem al-Thani, ein. Noch spreche niemand von einer internationaler Intervention, aber man erwarte mutige Schritte von Damaskus, die Gewalt zu beenden und einen echten Dialog über Reformen einzuleiten. Wenn Assad nicht einlenkt, wird sich die Frage einer internationalen Intervention schon in wenigen Tagen neu stellen.

In Kairo hatten am Samstag Hunderte von Demonstranten bei einer Kundgebung vor dem AL-Sitz am Rande des Tahrir-Platzes lautstark ihre Forderungen kundgetan. Es waren Syrer aus allen Ecken des Landes darunter. Vielen gingen die Beschlüsse nicht weit genug. Mit weißen Stoffleichen, die die Namen der AL-Mitgliedsstaaten trugen, machten sie auf das Blutvergießen aufmerksam und protestierten, dass es weder von der AL noch von der internationalen Gemeinschaft gestoppt wird. Nach UN-Angaben sind seit Beginn des Aufstands am 15. März mindestens 3500 Zivilisten ums Leben gekommen. Viele Teilnehmer verlangten deshalb, eine UN-Flugverbotszone nach libyschem Muster. "Die Zivilbevölkerung zu schützen ist eine Verpflichtung der UN, die in ihren Statuten verankert ist", sagte ein Demonstrant. Großen Applaus erhielt ein Redner der syrischen Muslimbrüder, der offen zur Unterstützung der Freien Syrischen Armee aufrief, die sich vorwiegend aus Deserteuren zusammensetzt. (Astrid Frefel aus Kairo, DER STANDARD-Printausgabe, 14.11.2011)