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Barack Obama mit Reggie Love (li.), einem der engsten Vertrauten und Basketball-Partner des Präsidenten.

Foto: REUTERS/Jonathan Ernst

Adlatus, Faktotum, iReggie - es gibt viele Beinamen für Reggie Love. Wo auch immer Barack Obama auftaucht, ist Love nicht weit. Mal trägt er die präsidiale Aktentasche, mal mehr oder weniger spontan überreichte Blumensträuße, damit sein Chef die Hände frei hat zum Händeschütteln.

Geht Potus, the President of the United States, auf Reisen, ist Love ein unentbehrlicher Begleiter. Nie verlässt er das Weiße Haus, ohne Zahnbürste, Hustenbonbons und Aspirintabletten für Potus einzupacken. Hält Obama eine Rede, achtet er darauf, dass auf dem Pult ein volles Wasserglas steht. Droht hinterher der Smalltalk mit handverlesenen Fans den Terminfahrplan zu sprengen, bläst er zum Aufbruch.

In einem Satz, Reggie Love ist das Mädchen für alles, flexibel und zugleich hochdiszipliniert und meist mit einem Scherz auf den Lippen. Das wird sich ändern. Zum Jahresende verlässt der 30-Jährige die hektische Machtzentrale, um sich in Ruhe seinem Wirtschaftsstudium zu widmen.

Es ist ein Personalwechsel, der in Washington für Gesprächsstoff sorgt, ja für Schlagzeilen. Dabei hat Love an keinem Strategiepapier mitgewirkt, an keiner Kabinettssitzung teilgenommen. Was nichts daran ändert, dass er im "West Wing" zum Kreis der engsten Vertrauten gehört. Obama vergleicht ihn mit einem kleinen Bruder, den er bekanntlich nie hatte. Und auf dem Basketballfeld des Weißen Hauses, wo der Mann aus Hawaii so oft es geht Stress abbaut, darf der 1,94-Meter-Hüne sowieso bei keiner Partie fehlen.

Obama und Love unter Basketballkörben - schon beim Zweijahresmarathon des Wahlkampfes war es fast zu einer Marotte geworden, zu einer Art Glücksbringer. Wo immer sich eine Schulturnhalle anbot, streiften sich die beiden ein Trikot über, um das Dribbeln und Werfen zu üben.

Mit seinem Gardemaß ist Love prädestiniert für das Spiel. Eine Zeitlang war er Kapitän der Mannschaft der Duke University, einem College in North Carolina, wo er Politikwissenschaften studierte. Dann wollte er Footballprofi werden, bei den Green Bay Packers an der kanadischen Grenze, die ihn testeten und dann doch nicht nahmen. Eher enttäuscht ging der athletische Afroamerikaner nach Washington, wo er 2005 eine Stelle fand, bei einem gerade gewählten Senator namens Barack Obama. "Braucht Barack ein zweites Paar Hände, bin ich zur Stelle", hat der gesellige Adlatus seine Rolle einmal skizziert.

Dass er geht, hat weniger mit politischen Turbulenzen zu tun und umso mehr mit persönlichem Ehrgeiz. Seit September studiert Obamas Schatten postgradual Betriebswirtschaft, nicht irgendwo, sondern an der Wharton School in Philadelphia, einer Eliteschmiede fürs amerikanische Business. Nichts, was sich nebenbei in ein paar freien Stunden erledigen ließe. Ergo bleibt ihm gar nichts anderes übrig, als seinen Assistentenjob an den Nagel zu hängen. Der Mann, kalauern sie in Washington, möchte irgendwann gern seine eigene Aktentasche tragen. Sein Chef trägt es, wie es oft seine Art ist, mit trockenem Humor. "Reggies Fähigkeit, so viele Dinge mit so wenig Schlaf unter einen Hut zu bringen - es war eine echte Inspiration." (Frank Herrmann aus Washington, DER STANDARD-Printausgabe, 14.11.2011)