Bild nicht mehr verfügbar.

Kostenlose Hotline der Gesellschaft für plastische, ästhetische und rekonstruktive Chirurgie für verunsicherte Patienten nach bereits erfolgten ästhetischen Eingriffen: 0820/820-600

Foto: AP/Hadi Mizban

Wien - Geschätzte 40.000 Mal legen sich Österreicher und Österreicherinnen pro Jahr wegen eines ästhetischen Eingriffs unters Messer. Eine offizielle Zahl gibt es nicht, auch weiß man nicht, wie oft etwas schief läuft, da es keine zentrale Meldestelle gibt. "Bei Behandlungsfehlern mangelt es zu 90 Prozent an der Kommunikation zwischen Arzt und Patienten", meinte der Plastische Chirurg Thomas Hintringer. Hoffnung legen die Mediziner in das neue Gesetz von Gesundheitsminister Alois Stöger (SPÖ), das ästhetische Eingriffe besser regeln soll.

Das Gesetz zur "Qualitätsoffensive für Schönheitsoperationen" könnte bereits im Frühjahr in Kraft treten, kündigte der Minister am Montag in Wien an. Der Koalitionspartner ÖVP habe grundsätzlich eine positive Grundhaltung signalisiert, der Entwurf gehe "bald" in Begutachtung. Im Zentrum stehen eine bessere Information der Patienten, klare Richtlinien zur Ausbildung der Ärzte und der besondere Schutz von Minderjährigen.

Zeit für Aufklärung von Patienten

"Auch bei kleineren Eingriffen müssen die Patienten auf die Nebenwirkungen aufmerksam machen", so Thomas Hintringer, Facharzt für Plastische Chirurgie am Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern in Linz und Präsident der Gesellschaft für plastische, ästhetische und rekonstruktive Chirurgie. Viele Patienten würden über die Nebenwirkungen nichts hören wollen. Die Aufklärungspflicht eines Arztes vor der Operation sei im Gesetz jedoch klar geregelt. "Man braucht sich nur daran halten", so der Chirurg.

Doch das braucht Zeit. Es kann manchmal mehrere Sitzungen in Anspruch nehmen, um Patienten über die Risiken aufzuklären, schilderte Hintringer aus seiner Erfahrung. "Oft reicht ein Gespräch nicht aus. Von einer halben Stunde bis zu fünf Stunden ist alles drin", berichtete der Chirurg. "Ich will ja, dass sich der Patient nach einem Eingriff wohl fühlt, und ich mich auch." In einem Beratungs- und Aufklärungsgespräch müssen in Ruhe Wunsch des Patienten, Anamnese, die Behandlungsmöglichkeiten, das Komplikationsrisiko, die Nachbehandlung und der finanzielle Aufwand angesprochen werden.

Wenn ein Arzt in einem solchen Gespräch nur die Vorteile nennt oder den Patienten zu einer Operation drängt, dann sei das ein sicheres Zeichen, das etwas nicht stimme, warnte Hintringer. Auch wenn der Eingriff zu Dumpingpreisen angeboten wird, kann man sich sicher sein, dass bei irgendetwas eingespart werden muss, meint der Chirurg.

Seit einigen Jahren bietet die Gesellschaft für plastische, ästhetische und rekonstruktive Chirurgie eine Hotline, bei der verunsicherte Patienten nach bereits erfolgten ästhetischen Eingriffen die Möglichkeit haben, kostenlos eine fachliche Meinung einzuholen. Unter der Hotline Nummer 0820/820-600 melden sich pro Jahr rund 50 Betroffene, sagte Hintringer, der auch als gerichtlicher Gutachter arbeitet. Dass rund ein Viertel der Patienten nach einer OP unzufrieden sind, wie erst vor kurzem von Autor Hans Weiss kolportiert wurde, könne nicht die Rede sein, meinte Hintringer.

Allgemeinmediziner als großes Problem

Die meisten Eingriffe betreffen Fettabsaugung, Lidstraffung, Facelifting, Brustkorrekturen, Nasenkorrekturen, Facelifting, Peeling und Unterspritzungen, berichtete der plastische Chirurg Thomas Hintringer. In Österreich erlaubt das Gesetz prinzipiell jedem Arzt, plastisch-ästhetische Operationen durchzuführen. Patienten sollten deshalb vorsichtig sein, wenn der Mediziner keine offizielle diesbezügliche Facharztbezeichnung führt. Die reguläre Bezeichnung lautet "Facharzt für Plastische, Ästhetische und Rekonstruktive Chirurgie". Scharfe Abgrenzungen gibt es jedoch nicht. So würden HNO-Mediziner ebenso Nasenoperationen durchführen wie plastische Chirurgen.

"Zum Beispiel darf ein Allgemeinmediziner auch eine Herzoperation durchführen, er wird es jedoch nicht machen", so Hintringer. "Auch ich würde keine Blinddarmoperation durchführen, obwohl ich Chirurg bin", meinte der Mediziner. "Und dass ein Kieferchirurg Brustvergrößerungen durchführt, dafür fehlt mir das Verständnis." Patienten haben derzeit auch deshalb wenig Einblick über die Ausbildung ihres "Beauty-Docs", weil es keinen Titelschutz gibt, kritisierte auch Mediziner Edvin Turkof. Während ein "Facharzt für Plastische Chirurgie" sich nach dem Medizinstudium einer sechsjährigen Zusatz-Ausbildung unterzieht, kann sich in Österreich grundsätzlich jeder Arzt "Schönheitsmediziner" oder "Arzt für kosmetische Medizin" nennen. Stöger kündigte klare Regelungen bezüglich Berufsbezeichnung und darüber an, "wer was tun darf". Größtes Problem seien hier die Allgemeinmediziner, die auch ästhetische Eingriffe durchführen würden, wie Hintringer berichtete.  "Die Ausbildung und klare Strukturen sind der erste Schritt zur Qualitätssicherung", meinte der Chirurg. Verunsicherte Patienten können sich an die Ärztekammer wenden und sich dort über den Mediziner erkundigen. Welche Ausbildung hat er, welchen Eingriff darf er vornehmen?

Neues Gesetz

Besonderen Schutz sollten Jugendliche genießen. Sie sollten nur unter speziellen Bedingungen operiert werden. Jugendliche und ihr Alter pauschalieren würde Hintringer nicht. "Eine 16-Jährige kann schon erwachsener sein als so manche 18-Jährige." Gesundheitsminister Alois Stöger (SPÖ) will in dem neuen Gesetz ein Verbot von Schönheitsoperationen von unter 14-Jährigen, auch wenn die Eltern zustimmen würden, und eine spezielle Aufklärung für Patienten unter 18 Jahren. "Jede Verbesserung der Aufklärung ist zu begrüßen", meinte der Wiener Patientenanwalt Konrad Brustbauer. Die Zahl der Reklamationen - von denen rund ein Drittel weiterverfolgenswert sind - stiegen 2010 um rund ein Fünftel. (APA/red)