Durch das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, in dem dieser entschieden hat, dass es im Ermessensspielraum der Mitgliedstaaten liegt, ob sie prinzipiell Eizellenspenden erlauben oder nicht, werden leider wieder jene Auftrieb bekommen, die sich seit Jahren gegen den medizinischen Fortschritt wehren.

Juristisch gesehen, stellt das Urteil keine wirkliche Besonderheit dar. Der EGMR hat genau so entschieden, wie er es immer tut, wenn ihm ein Thema zu heikel ist. Er hat sich darauf berufen, dass es im Ermessensspielraum der Mitgliedsstaaten liegt, ob sie Eizellenspenden erlauben oder nicht. Und genau dort liegt das Problem in Bezug auf Österreich. Der EGMR betont mit seiner Berufung auf den Ermessensspielraum nämlich die rechtspolitische Eigenverantwortlichkeit der Konventionsstaaten. Wenn allerdings der österreichische Gesetzgeber gefordert ist, eigenverantwortlich rechtsgestaltend tätig zu werden, endet dies zumeist in einem Desaster. Vor allem wenn man sich die in Österreich bestehenden medizinrechtlichen Regelungen ansieht.

Eizellenspende ist prinzipiell verboten, aber...

In Österreich wird immer wieder der Wert der Familie betont. Man muss Paare fördern die Kindern bekommen wollen. Und dann gibt es da plötzlich einige Paare in Österreich, die auf natürlichem Weg keine Kinder bekommen können, sondern dafür entweder auf eine Eizellen- oder Samenspende angewiesen sind. Eizellenspende ist prinzipiell verboten. Dass Paare die es sich leisten können, für eine Eizellenspende ins Ausland fahren, wird halt einfach gekonnt ignoriert. Samenspende, denkt sich der österreichische Gesetzgeber, ist ja in Ordnung. Aber bitte nur dann wenn der Samen direkt in die Gebärmutter der Frau eingebracht wird. Bei einer In-Vitro-Fertilisation darf allerdings nur der Samen des Partners verwendet werden, und der eines Fremden nicht. Versteht das irgendwer?

Widersprüche über Widersprüche

Und solche Widersprüche ziehen sich durch die gesamte österreichische Gesetzgebung in medizinrechtlichen Fragen. Die Pränataldiagnostik wird in Österreich seit Jahren angewendet. Präimplantationsdiagnostik (PID) ist allerdings verboten. Auch diese Regelungen sind nicht sinnvoll. Wieso dürfen bei einer In-Vitro-Fertilisation erzeugte Embryonen nicht auf schwerwiegende Erbkrankheiten untersucht werden, sondern müssen zuerst in den Mutterleib eingesetzt werden, bevor man sie darauf untersuchen kann, anstatt dass man es eben schon im Vorhinein macht.

Angst vor dem Designerbaby

Klar, in Österreich hat man Angst vor dem Designerbaby. Das mit der PID die Haarfarbe des Kindes gar nicht bestimmt werden kann, wird einfach ignoriert. In Deutschland würde über das Thema PID lange und breit diskutiert. Mittlerweile ist die PID in Deutschlang zumindest eingeschränkt erlaubt. In Österreich wird über solche Dinge gar nicht erst ernsthaft gesprochen.

Ein letztes Beispiel, um die vollkommen unverständlichen Widersprüche im Medizinrecht in Österreich aufzuzeigen, sind die Regelungen in Bezug auf Forschung an embryonalen Stammzellen, die bei In-Vitro-Fertilisation übrig gebliebenen sind. An diesen embryonalen Stammzellen darf nicht geforscht werden. Sie müssen eine Zeit lang aufbewahrt und dann vernichtet werden. An aus dem Ausland importierten embryonalen Stammzellen darf aber selbstverständlich geforscht werden. Versteht so etwas irgendwer?

Und genau deswegen können wir nur hoffen, dass der EGMR solche Entscheidungen nicht dem Ermessenspielraum der Konventionsstaaten überlasst. In Österreich kann dabei nämlich leider nichts Gutes herauskommen. (Leser-Kommentar, Nikolaus Scherak)