Graz - Zu einem ungewöhnlichen Termin baten am Dienstag einige der gewichtigsten Player der Grazer Kunstszene. Institutionen wie die Camera Austria, der Kunstverein Medienturm, der Grazer Kunstverein, ESC, die Akademie Graz, Rotor, das Forum Stadtpark oder das Kulturzentrum bei den Minoriten traten an die Öffentlichkeit, um Thesen und Forderungen "zur Lage der bildenden Kunst in Graz" zu präsentieren.

Der Grundtenor: Die Bedingungen für Kulturproduzenten in Graz verschlechtern sich seit Jahren eklatant. Gründe dafür sehen die Institutionen, die selbst jahrzehntelang für den besonderen Status verantwortlich waren, den Graz in Sachen Kunst einnahm - und der auch zum Titel und dem dazugehörigen Geld der Kulturhauptstadt 2003 führte -, vor allem in der fehlgeleiteten Kulturpolitik. Diese setze auf Tourismus, Design und ökonomische Kriterien und lasse dabei Künstler immer tiefer ins Prekariat rutschen.

Es gebe keine Perspektive oder Ausbildungsmöglichkeiten für junge Künstler in Graz. Der rasche Wechsel der Kulturpolitiker im Land Steiermark und in der Stadt verschlimmere all das. In Graz ist ab Dezember mit Edmund Müller (SP) wieder ein Kulturstadtrat nach Monaten Geschichte. Im Land ist Christian Buchmann (VP) Kulturreferent, seit Kurt Flecker (SP) 2010 plötzlich abging.

Der Appell der heterogenen Gruppe ist kein Schnellschuss: Man trifft sich seit vielen Monaten und erarbeitete ein rund 30 Seiten starkes Papier. Ausschlaggebend für die Treffen waren der Streit zwischen dem Chef des Kunsthauses und des gesamten Universalmuseums Joanneum, Peter Pakesch, und dem Ex-Chefkurator der Neuen Galerie, Peter Weibel, und die Halbierung des Budgets des Instituts für Kunst im öffentlichen Raum Steiermark.

Dass es "so weit kommen konnte, dass ein künstlerischer Leiter (Pakesch, Anm.) einen anderen (Weibel) aufgrund seiner Doppelfunktion feuern kann", zeige, so Sören Grammel vom Grazer Kunstverein, die politische Misere. Es sei eine monopolistische Förderpolitik, die, so Sandro Droschl vom Medienturm, "nur mehr auf die große Geste, das Repräsentative setze, anstatt auf Produktion und die Grazer Tradition des offenen Wortes". Über 90 Prozent der Mittel, die Graz für bildende Kunst ausgibt, fließen in die blaue Blase des Kunsthauses, die 2003 fertig wurde.

Buchmann reagierte in einer Aussendung: Er könne die Forderungen "nachvollziehen und werde dies zum Anlass nehmen, den Kulturdialog weiterzuführen." (Colette M. Schmidt, DER STANDARD - Printausgabe, 16. November 2011)