Berlin - Die Theorie klingt nachvollziehbar: "Vertrauensleute, sogenannte V-Leute, sind Personen, die planvoll und systematisch zur Gewinnung von Informationen über extremistische Bestrebungen eingesetzt werden", heißt es in einem vom deutschen Bundesamt für Verfassungsschutz herausgegebenen Glossar.

In der Praxis erweist sich die Zusammenarbeit zwischen Verfassungsschutz und Spitzeln in der braunen Szene allerdings oft als problematisch. Denn die V-Leute bekommen für ihre Tätigkeit vom Verfassungsschutz Geld. Und dieses fließt gelegentlich in den Aufbau ebender braunen Netze, die die Staatsschützer eigentlich eindämmen wollen.

Schon 2001 hatte sich der Thüringer Verfassungsschutz unangenehme Fragen gefallen lassen müssen. Da flog auf, dass Ex-NPD-Landesvizechef Tino Brandt als V-Mann für den Dienst tätig war und dafür rund 200.000 D-Mark (51.100 Euro) kassiert hatte.

Brandt, der unter dem Decknamen "Otto" geführt wurde, hatte 1994 die "Anti-Antifa-Ostthüringen" gegründet. Aus dieser ging 1996 der rechtsextreme "Thüringer Heimatschutz (THS)" hervor, dem sich auch das nun aufgeflogene Trio (Uwe B., Uwe M. und Beate Z.) anschloss. Spitzel Brandt gab später selbst zu, dass er einen Großteil des Geldes vom Verfassungsschutz in den THS-Aufbau gesteckt hatte.

Nun wird spekuliert, dass das Geld auch Uwe B., Uwe M. und Beate Z. zum Untertauchen verholfen haben könnte. Die Berliner Zeitung berichtet, dass eine Person des Trios 1998, nach ihrem Untertauchen, noch in Begleitung von Brandt gesehen wurde.

Zu den Informanten des Thüringer Verfassungsschutzes zählte 1996 und 1997 auch Thomas Dienel. Er war 1991 NPD-Chef in Thüringen, gründete später die "Deutsch Nationale Partei" und organisierte 1992 in Rudolstadt den "Rudolf-Heß-Gedenkmarsch, zu dem rund 2000 Neonazis aus ganz Deutschland anreisten.

Er erhielt vom Verfassungsschutz 25.000 D-Mark (12.782 Euro) und erklärte später, er habe mit dem Geld Nazi-Propaganda erworben. Als die Angelegenheit aufflog, musste der damalige Verfassungsschutz-Chef Helmut Roewer zurücktreten. (bau/DER STANDARD, Printausgabe, 16.11.2011)